Wo bist du gelandet?

Bisher ging es hier darum, aus meinem durchaus chaotischem Leben mit zwei Teenagertöchtern, zwei Katzen und einem Kaninchen zu berichten. Es ging auch darum, dass ich gerade ins Berufsleben eingestiegen war und immer wieder versuchte, mein Essverhalten in halbwegs normale Bahnen zu lenken und quasi als Nebenwirkung mein Gewicht zu reduzieren ohne auf obskure Diätversprechungen herein zu fallen.

Doch seit dem 12.02.2015 ist da die Diagnose, die mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, Wichtigkeiten verschoben und alle Pläne über den Haufen geworfen hat. Ich habe Krebs. Genauer: Brustkrebs mit Metastasen in der Leber und in der Wirbelsäule. Gerade letzteres verursacht mir heftigste Schmerzen und beeinträchtigt meine Lebensqualität massiv. Wahrscheinlich werde ich also in Zukunft einiges genau darüber schreiben.

Donnerstag, 26. März 2015

Durchhalten

Seit Sonntag ging es mir immer schlechter. Durchfall, Übelkeit, zwischendurch auch tatsächlich einmal erbrochen (es gibt für mich nichts schlimmeres!), trockene Schleimhäute, eine Erkältung mit Halsschmerzen und immer noch kein Bedarf zu essen. Bis heute morgen dachte ich oft, dass ich das nicht durchhalte.
Ich habe noch mehr abgenommen und die Frau, die mir aus dem Spiegel entgegen schaut, hat kaum Ähnlichkeit mit mir. Meine Haut fühlt sich seltsam an. Trotz eincremen. Sie sieht auch seltsam aus. Ich habe heute gefragt, ob ich Gelbsucht habe, aber die Ärztin meint, meine Leberwerte wären in Ordnung.
Meine Haare, die sich bisher an die Kopfhaut geklammert haben, lassen langsam nach. Heute morgen hatte ich mehr Haare als gewöhnlich in der Bürste. Naja, das war zu erwarten.

Chemo und Bisphosphonat


Heute morgen habe ich mich aus dem Bett gequält. Ich hatte so was von gar keine Lust. Aber: Watt mutt, datt mutt.

Die Portnadel stechen war dann wieder recht unangenehm. Im Chemo-Raum habe ich dann einen der Sessel am Fenster gewählt, bei dem ich Fuß- und Kopfteil verstellen kann. Was soll ich sagen, ich habe wieder mal den Großteil der Behandlung verschlafen, danach aber fühlte ich mich wieder richtig gut. Einen kleinen Zwischenfall gab es. Ob es bei der Chemo oder dem Bispho war, kann ich gerade gar nicht mehr rekonstruieren. Plötzlich fiel mir das Atmen schwer, als würde ein Elefant auf meiner Brust sitzen und mir wurde sehr, sehr heiß. Das dauerte aber nur wenige Momente an. Dann ging es mir wieder gut und ich schlief weiter.

Zu Hause angekommen habe ich erst mal alle Genesungs- und "Du-packst-das!"-Karten an die Wand gebracht. Jetzt sehe ich diese Karten wieder. Seit der Entlassung aus dem Krankenhaus hatten sie ihr Dasein in einer Tüte gefristet. 

Ich habe eine ganze Milchschnitte gegessen! Gestern war nach drei, vier Teelöffeln Pudding Schluss und heute dann die ganze Milchschnitte. Vielleicht wird es ja jetzt wieder besser mit dem Essen. Ich hoffe es so sehr. 

Nächste Woche darf meine Kleine mit kommen zur Chemo, wenn sie nicht erkältet ist, darf sich alles ansehen und die Schwester alles fragen. Finde ich gut.

Donnerstag, 19. März 2015

Zur Abwechslung ein paar Bilder



 Dies ist ein Anhänger, den eine Schmuckdesignerin als Unikat hergestellt hat und mir schenkte, damit er mich auf diesem schweren Weg begleitet. Die Wurzeln des Baumes sollen mir Wurzeln geben im hier und jetzt. Ich finde den Baum als Symbol für das Leben wunderbar. Und natürlich hat er mich gleich heute zur zweiten Chemo begleitet.
Die fand in diesem Raum statt. Mein Rollator samt Rückenorthese haben sich ein wenig in den Vordergrund gedrängt, was mir jetzt erst auffällt. Nächste Woche werde in einen anderen Stuhl wählen, denn der heute ließ sich nicht in Liegeposition bringen, was mich nach einer Stunde dann doch störte.
Ich kam heute morgen dort an und war nach einer fast schlaflosen Nacht wirklich am Ende meiner Kräfte. Essen klappte ja auch immer noch nicht. Als ich mein Gewicht sagte, fing ich schon an zu heulen, weil mir klar ist, dass es nicht gerade prickelnd ist so viel in so kurzer Zeit abzunehmen. (Es sind seit Jahresbeginn 20kg, 15 kg seit der Diagnose)
Aber heute passierte auch etwas völlig faszinierendes. Die Chemo lief und je länger sie lief, desto wacher wurde ich und desto besser fühlte ich mich. Das ging mir auch so im Auto, war die Fahrt am Morgen noch eine Qual so war die Fahrt nach Hause einfach nur angenehm. Auch zu Hause hielt dieses gute Gefühl an. Bis jetzt sogar. Im Moment glaube ich, die Fahrt zu meiner Frauenärztin, sie hat eine Praxis hier in der Stadt, sogar mit dem Bus meistern zu können. Vielleicht kann ich auch noch ein paar Erledigungen machen. Natürlich werde ich auf mich aufpassen und mich nicht übernehmen. Merke ich, dass es mir doch zu viel wird, wird das Smartphone gezückt und ein Taxi gerufen.

So sehe ich im Moment aus, wenn ich "unterwegs" bin. Das Bild stammt von Sonntag, als ich plötzlich Hunger hatte und mir dann kurz nach Entstehung des Bildes eine Portion Pommes mit Curry Wurst geholt habe, eine halbe Currywurst und eine viertel Portion Pommes aß. Die Haare sind wirr wie eh und je. Ich trage meine Rückenorthese und natürlich schiebe ich bei jedem Schritt meinen Rollator vor mir her.
Die Hose die ich da trage ist übrigens nur noch XXL. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass ich normalerweise zwei X mehr habe.




Mittwoch, 18. März 2015

Werbeopfer....

Als ich im Krankenhaus lag, schaute ich ja doch etwas mehr fern als ich es zu Hause normalerweise mache. Und da kam dann in der Werbung eben auch Werbung für Fahrenhaidt ~ the book of nature.
Die Musik berührte mich. Sie war so voll und weit, als könnte man sich hinein legen und wird dann getragen. Klingt ganz schön kitschig? Ist aber exakt das, was ich dabei empfand.
Ich hatte dann einen Ohrwurm und suchte bei youtube nach weiterer Music dieser Gruppe und was ich hörte gefiel mir dann auch.
Schließlich kam dann Freitag der 13. und eine Werbemail eines bekannten Buchclubs. Und da wurde genau diese CD zu einem Sonderpreis angeboten. Also habe ich zugeschlagen und sie bestellt. Heute ist sie dann angekommen.

Es ist keine Musik zum Immerhören. Aber eine Musik zum bewusst hören und entspannen. Genau das richtige für mich.

Und wenn ich schon etwas bestelle, dann natürlich nicht nur ein Teil. Gegönnt habe ich mir auch von Faun das Album Luna und das Hörbuch Gute Geister. Aber da habe ich noch gar nicht rein gehört. Das werde ich dann in den nächsten Tagen machen.

Dienstag, 17. März 2015

Entscheidung

Heute habe ich eine Entscheidung getroffen. Ich ganz alleine in Bezug auf meine Behandlung.
Ich lasse mich vorerst nicht bestrahlen.

In den letzten Tagen wurde der Schmerz immer weniger, bis er vor zwei Tagen endlich gebannt wurde. Keine Schmerzen zu haben ist so wunderbar!
Gleichzeitig werde ich aber jeden Tag schwächer. Ich habe schon wieder abgenommen. Ich kann mich nicht lange aufrecht halten, ich schlafe oft von einer Sekunde auf die Andere ein und bin dann wirklich weg. Im Tiefschlaf.
Ich habe meine Kinder so sehr vermisst und ich konnte immer weniger essen. Selbst das Trinken fiel mir jetzt schon schwer. Ich konnte auf einen Fall länger im Krankenhaus bleiben.

Heute war das zweite Gespräch mit dem Strahlentherapeut. Er wies, wie er es ja nun mal muss, auf das Risiko hin, dass durch die Bestrahlungen Schwellungen auftreten können, die neue Schmerzen verursachen. An dem Punkt war es bei mir schon vorbei. Ich will keine Schmerzen! Ich ertrag das im Moment nicht! Ja, ich hab wieder geheult. Aus Überforderung. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht will. Das ich zu viel Angst habe. Ich pack das jetzt nicht.

Er hat es nickend angenommen. Wir haben uns so weit geeinigt, dass ich mich dann bestrahlen lasse, wenn wieder Schmerzen auftreten. Das kann dann auch kurzfristig los gehen.

Ich weiß nicht, ob diese Entscheidung richtig oder falsch ist. Gibt es in dieser Situation überhaupt ein richtig oder falsch? Niemand kann voraus sagen, wie sich der Krebs entwickelt. Ich hoffe jetzt das Beste. Ich bin froh zu Hause zu sein und ich habe vor, die Zeit hier zu genießen und wieder zu etwas Kraft zu kommen. Kraft brauche ich.

Donnerstag ist die nächste Chemo. Hoffentlich verkrafte ich sie so gut wie die Erste.

Das Schönste heute: Meine Kinder in den Arm nehmen zu können. Ich liebe diese beiden Mädchen so unfassbar. Ich will sie nicht alleine lassen. Ich will sehen, wie sie erwachsen werden, ihr Leben leben, ein Teil davon sein.

Samstag, 14. März 2015

Verschlafen

Nach dem Mittag wollte ich mich ein wenig hinlegen. Habe Musik angemacht, die Kopfhörer aufgesetzt und bin bald eingeschlafen.

Tja... und dann war es plötzlich halb sechs. Ich habe den ganzen Nachmittag einfach verschlafen. Und ich fühle mich damit überhaupt nicht wohl! Ich mag das nicht. Seit dem ich wach bin, bin ich irgendwie jaulig. Nichts passt mir und mein Zeitgefühl ist auch noch dahin. Ich schmolle mal wieder mit mir selber.

Eigentlich hatte ich nämlich einen Plan für den Nachmittag: noch mal spazieren gehen, ein schönes Stück Kuchen kaufen und genüsslich essen, vielleicht einen heißen Kakao dazu. Das wurde nun nichts. Klar, ich könnte es morgen auch so machen. Aber ich wollte doch heute!

Jaaaaaa, es ist kindisch. Und ich weiß das.

Heute Morgen habe ich es aber immerhin geschafft, alles was ich so an Papierkram bekommen habe, abzuheften und somit habe ich auch wieder etwas Ordnung geschaffen. Und die ersten 23 Tage Krankenhaus habe ich auch bezahlt. 230€ überwiesen. Das tut schon weh.

Bald muss ich mich um das Krankengeld kümmern. Ich werde Montag schon mal bei der Krankenkasse anrufen.... Und dann muss ich alles neu berechnen und schauen, wie wir über die Runde kommen. Als würde die Krankheit nicht reichen, kommen auch noch finanzielle Sorgen auf mich zu... Es ist Scheiße!

Freitag, 13. März 2015

Dieser Moment...

Es ist mitten in der Nacht und ich werde halbwach, weil ich das dringende Bedürfnis habe die Toilette aufzusuchen. Statt nun aber direkt aufzustehen, liege ich da und starre an die Decke und erwäge, ob ich wirklich aufsehen kann. Ich sagte dann leise "ich muss mal.." Mein Kopfkino zeigte Dr. Sheldon Cooper, der kläglich im Bett liegt und ja nicht aufstehen kann, weil seine Toilettenzeit noch nicht angefangen hat.
Und kurz danach eine Szene von einem Raumschiff, in dem viele Menschen gefangen sind, die eben nur mit Erlaubnis der "höheren Macht" aufstehen dürfen. Zum Glück fiel mir irgendwann ein, dass beide Situationen für mich ja nicht gelten und ich aufstehen kann, solange die Schmerzen nicht zu groß sind. Ich bin dann auch aufgestanden, die Schmerzen waren nicht hoch und als ich dann auf Klo saß musste ich lachen. Länger hätten mich meine Kopfkinobilder nicht zurückhalten dürfen, das wäre sonst peinlich geworden.
Ich sagte es ja schon öfter, mein Hirn ist derzeit echt... krass.

Donnerstag, 12. März 2015

Erste Chemo

Nach einer nicht so tollen Nacht, schlechte Träume und Schmerzen, war es nun also so weit. Die erste Chemo stand an. Ich war seit dem Aufwachen in einer weinerlichen Stimmung und habe mehrmals sehr geweint, vor allem, als ich wieder mal nicht aus dem Bett kam und bei der Körperpflege Unterstützung brauchte. Bei letzterem spielt auch Scham wieder eine große Rolle. Ich fühle mich mehr und mehr wie ein Pflegefall. Vor dem Waschen hatte ich ein Becher mit Wasser in der Hand und bin damit eingeschlafen. Als das Wasser sich an meinem Hals entlang verteilte, war das auch nicht gerade angenehm...

Als ich abgeholt wurde zur Chemo schlief ich gerade und schreckte hoch, als der Stecker vom Bett gezogen wurde. Ganz schlecht, denn schon war der Schmerz wieder da.
In der Station, in der die Chemo statt findet, kam ich in ein Zimmer, bekam eine Reihe von Infusionen, dann noch einige Spritzen mit Wirkstoffen in die Vene, alles über den Port. Aber zum Fragen, was genau das alles ist, fehlte mir die Kraft. Ich schlief immer wieder ein. Ich kann nicht mal sagen, wie lange ich da unten war. Eine Stunde, vielleicht auch zwei... Außer Müdigkeit, die ich schon seit Tagen empfinde, merke ich bisher nichts. Zu Anfang der Infusion dachte ich noch, mir würde übel werden, aber das passierte dann doch nicht.

Heute Mittag gab es Hähnchenschenkel. Mag ich eigentlich total gerne und ich hatte mir vorgenommen, eben wenigstens Hähnchenfleisch zu essen. Leider war das Fleisch so trocken, dass ich mich bei jedem Bissen festkaute. Also aß ich am Ende mal wieder nichts vom Mittag. Morgen gibt es Steckrübenmus und übermorgen Lauch-Creme-Suppe. Vielleicht klappt es dann mit dem Essen....Sonst bestelle ich mir wirklich mal eine Kleinigkeit von der Pizzeria oder so. Vielleicht esse ich dann mehr.

Ach, über eine mögliche Nebenwirkung der Chemo wäre ich nicht unglücklich: Ausbleiben der Monatsblutung. Denn genau die hat heute mal wieder eingesetzt und ich habe wenig Lust drauf, zumal ich jedes mal das Gefühl habe, zu verbluten.

Meine Kleine möchte mich wieder nicht besuchen. Ich kann sie verstehen, aber traurig macht es mich doch. Ich bat sie nun darum, sich in der Heimatstadt mal nach 100% Baumwolltüchern umzusehen, die ich als Kopftuch benutzen könnte. Die Fachschwester (ich kann mir den englischen Begriff irgendwie nie merken....) sagte, dass es wahrscheinlich ist, dass ich zumindest mein Kopfhaar verlieren werde. Wie ich es handhabe, wenn auch die Brauen ausfallen, weiß ich noch nicht. Aufmalen? Sicher verschmiere ich das genauso wie jede andere Schminke. Aber mein Gesicht ohne Brauen und Wimpern kann ich mir noch gar nicht vorstellen.
Ich werde mir außerdem eine riesige Sonnenbrille kaufen, ich denke, dass sieht mit einem schönen Kopftuch ziemlich mondän aus.

Ich habe den Eindruck, dass eine Ärztin ungeduldig mit mir wird. Mehrmals sollte ich den Schmerz lokal eingrenzen. aber wenn sie drückt ist da eben kein Schmerz. Der sitzt tiefer als ihr Druck und ist eben vor allem in der Aufsitzbewegung und im Sitzen schlimm. Im Liegen ja nur, wenn Krämpfe dazu kommen. Es tut mir Leid, dass ich diesen Schmerz nicht besser beschreiben kann. [trauriges seufzen] Ich frag mich ja auch schon, ob ich übertreibe, aber wenn ich aufstehen will, dann ist der Schmerz so heftig... Nein, ich bilde mir nichts ein und ich übertreibe auch nicht.

Mittwoch, 11. März 2015

Wieder drin

im Krankenhaus.

Plötzlich heftige Schmerzen in den linken Rippen, so richtig mit Schweißausbruch und nicht in der Lage sein aufzustehen. Das hat mir Angst gemacht, meine Kinder erschrocken und ich glaube für meine Mutter ein weiterer Beleg dafür, dass ich ein Pflegefall sein werde. Letzteres macht mir selber Angst und ich versuche weiter mich daran zu klammern, dass so eine Pflegebedürftigkeit auch vorübergehend sein kann, in meinem Fall vielleicht bis die Behandlung anschlägt.

Auf jeden Fall wurde ich von meinem Hausarzt wieder ins Krankenhaus eingewiesen und als wir hier waren, dauerte es natürlich ewig, bis sich jemand kümmerte. Merke: Nur wer mit dem Rettungswagen angeliefert wird, wird wirklich ernst genommen. Auch irgendwie verständlich.
Gegen Mittag bekam ich immerhin ein Bett, weil ich drohte im Sitzen ohnmächtig zu werden. Es war sooo schön sich ins Bett fallen lassen zu können, man glaubt es kaum.

Ein paar Stunden später kam ich wieder auf Station und noch etwas später zum röntgen. Und seit dem warte ich darauf, zu erfahren, was die Bilder ergeben haben. Das bringt echt kein Spaß.
Seit dem Röntgen sind auch die altbekannten und längst hinter mir gelassenen Krämpfe im Rücken wieder da. Aufsitzen= Krampf, etwas im Bett bewegen= Krampf, einen Schreck bekommen= Krampf

Und ich erschrecke mich derzeit oft, denn mein Kopfkino produziert unablässig kruse Bilder, teilweise Bilder, die mich in Panik versetzen. Dann kommt ein Krampf und wenn es ganz schlimm ist, bekomme ich erst mal keine Luft. Was zu noch mehr Panik führt und zu noch mehr Krampf.

Die vergangene Nacht aber auch der Tag bis jetzt war schlimm. Und Schmerzmittel habe ich heute schon einige Male nachgefordert, genauso wie letzte Nacht.

Vorhin war die Ärztin hier, deren Name ein wenig nach Elfe klingt, und sprach von Bestrahlung. Das klingt, als würde mein ganzer Behandlungsplan nun umgeworfen werden. Mir egal, Hauptsache die Schmerzen werden bald so erträglich, dass ich mich auch mit ihnen bewegen kann.

Heute morgen habe ich ein halbes halbes Brötchen gegessen. Also von der Unterhälfte die Hälfte. Die Himbeermarmelade war irgendwie muffig. Das Mittagessen habe ich verschlafen. Aber wenigstens trinke ich wieder ausreichend, das habe ich die letzten zwei Tage zu Hause nicht geschafft, so dass ich gestern morgen meine Haut auf der Hand zusammen schieben konnte und sie eine Weile so blieb. Nicht ausreichend trinken plus Schweißausbrüche ist eine sehr ungesunde Mischung...

Sonntag, 8. März 2015

Frühling!

Mir ist nach Veränderung. Und da ich derzeit nicht meine Wohnung au den Kopf stellen kann, muss mein Blog halt herhalten.

Ich wollte hellere Farben, kein Grau und Lila mehr. So ganz zufrieden bin ich aber auch jetzt noch nicht, denn wieder mal bekomme ich die Schriftart nicht so hin, wie ich sie haben will.

Draußen scheint die Sonne und dies schon seit einigen Stunden. Als ich heute morgen um 6 Uhr meine Tabletten nahm, war der Spalt zwischen Rollo und Fenster schon recht hell, heller als in den letzten Tagen. Ich mag den Frühling. Die Luft ist so mild, die Sonne zwar warm aber noch nicht zu warm. Bald werden die Bäume wieder grün und die Blumen blühen. Zumindest bei anderen. Bei mir eher nicht. Ich hab keinen grünen Daumen. Jeden Winter nehme ich mir vor im kommenden Frühling meinen Balkon in einen Duft- und Farb"garten" zu verwandeln, aber es wird nie was. Für dieses Jahr habe ich mir deshalb auch nur die Anschaffung einer bequemen Liege vorgenommen. Das werde ich wohl noch hin bekommen.

Ich rede mir gerade ein, dass ich bei diesem Wetter an den Deich gehen würde, wenn ich denn könnte. Aber es ist gelogen. Ich würde nicht an den Deich gehen, denn dort sind heute Familien und Pärchen unterwegs. Kein Anblick, den ich gebrauchen kann.
Gerade habe ich auch meinen Vater gebeten, heute nicht herzukommen. Ich will niemanden sehen. Ich will nicht so gesehen werden. Ich bin so schwach.

Dienstag muss ich zur Blutabnahme. Danach Passbilder machen lassen. Zum Glück ist meine Freundin an meiner Seite. Ich bin so froh, dass es sie gibt. Hat selber mehr als genug an den Hacken, ist aber trotzdem jetzt für mich da.
Auch meine Forenmädels und meine Skypefreundin sind unverzichtbar für mich. Sie baen mich auf, halten virtuell Händchen und geben auch mal einen Tritt.

Ich wünschte, ich würde aufwachen und alles wäre nur ein böser Traum. Ich will nicht krank sein. Ich hasse es so schwach zu sein. Vieles, was ich seit der Diagnose erlebt habe, fühlt sich würdelos an und bei vielem ist die Scham so groß, dass ich weder darüber reden noch schreiben kann. Am schlimmsten aber sind die Gedanken in der Nacht. Keine Zukunft mehr zu haben.

Natürlich weiß ich, dass es eine Illusion ist, wenn man davon ausgeht, eine lange Zukunft zu haben, denn es kann morgen passieren, dass man aus dem Haus geht und überfahren wird. Die Risiken im Straßenverkehr sind schließlich ganz real. Aber mit dieser Krankheit, mit den Metastasen, wird der Verlust der Zukunft recht real, auch wenn die Ärzte immer wieder sagen, dass die Medizin sich rasant entwickelt hat, so dass es schwer ist von Prognosen zu reden.

Auch das ist eine Veränderung. Ich muss mich mit meiner Endlichkeit auseinander setzen obwohl ich genau dies ganz weit von mir weg schieben würde. Aber es geht nicht, es holt mich immer wieder ein.

Samstag, 7. März 2015

Scham

Auf die Toilette zu gehen ist im Moment eine Herausforderung. Der Toilettendeckel muss angehoben werden. Ich muss meine Hose herab lassen und wieder hoch ziehen. Ich schätze mal, dass sich über diese einfachen Handgriffe kaum jemand Gedanken macht. Für mich sind es Herausforderungen, an denen ich auch noch regelmäßig scheitere.



Natürlich bekommen meine Kinder diese Schwäche mit. Und ich schäme mich für diese Schwäche und alles was ich aus der Schwäche heraus meinen Kindern zumuten muss.

Seit 24 Tagen weiß ich nun vom Krebs. Und genauso lange schäme ich mich für meine Schwäche. Jeden Abend denke ich: Morgen wird es besser. Aber leider wird es das nur selten.

Montag, 2. März 2015

Vorbereitungen

Da ich am Mittwoch ja nach Hause darf, muss ich mich damit befassen, wie ich meine Wohnung überhaupt erreiche. Ich wohne im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses und es gibt keinen Fahrstuhl. Also ist Treppensteigen angesagt. Das habe ich heute mit der Krankengymnastin geübt.

Ich bin völlig kaputt. Hoch steigen ist wirklich anstrengend und, trotz Hydromorphon vor knapp vier Stunden, schmerzhaft. Verdammt! Jetzt liege ich wieder erschöpft im Bett.

Vor meinem Treppenexperiment habe ich mit meiner Krankenkasse telefoniert. Für die Fahrtkosten brauche ich vorher eine Verordnung, die ich bei der KV einreiche und dann muss ich nur für die erste und letzte Fahrt den Eigenanteil bezahlen.  Nun muss ich klären, dass ich die Verordnung bekomme und dann gleich bei der KV einreiche. Aber es entscheidet sich ja erst morgen, wie ich behandelt werde. Also kann ich auch erst dann diese Verordnung bekommen.

Beim selben Gespräch habe ich die Lage meiner Wohnung erläutert und auch meine gesundheitliche Situation dargestellt. Ich kann mich derzeit nur mit Rollator fortbewegen und zwar innerhalb der Wohnung (hier brauche ich ihn ja sogar innerhalb des Zimmers) wie auch außerhalb. Allerdings kann ich so ein Teil wohl kaum die Treppen hoch und runter tragen und nicht immer ist jemand da, der mir helfen kann. Die Mitarbeiterin sagte dann, dass die Ärzte einen zweiten Rollator verschreiben könnten und dies dann entsprechend begründen müssten. Ich hoffe, es klappt wirklich.

Ich will nach Hause. Habe aber auch große Bedenken, wegen der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit und den immer noch zum Teil der heftigen Schmerzen. Dazu kommt, dass in meiner Wohnung vieles nicht optimal ist.

Innerhalb weniger Wochen ist alles anders.... Ich kämpfe.

Sonntag, 1. März 2015

Wut

Ich bin soooo wütend! Immer wieder habe ich den Impuls etwas an die Wand werfen zu wollen. Immer wieder stelle ich mir vor, wie ich diese Wut in ein Bild umsetze. Wie ich den Pinsel kraftvoll führe, aggressives rot auf die Leinwand bringe. Ich wünsche mir eine Trommel, alle Wut möchte ich raushauen. Und was mache ich wirklich? Ich liege im Bett und bin manchmal wie gelähmt. Nicht mal heulen kann ich dann.

Ich habe mich mit der Krankheit auseinander gesetzt. Die Lebenserwartung sieht erst mal nicht so rosig aus, wobei überall dabei steht, dass es eine historische Betrachtung ist und man noch keine Werte hat, wie es mit den heute zur Verfügung stehenden Therapien aussieht. Klar klammere ich mich daran, dennoch werde ich den Gedanken nicht los, dass in einigen Monaten alles vorbei sein könnte.

Ich brauche eine Patientenverfügung. Ich werde mich damit auseinander setzen müssen, wie weit ich zu gehen bereit bin. Und dabei muss ich auf mich schauen, nicht auf meine Kinder, nicht auf meine Mutter. Nur auf mich. Was will ich? Was halte ich aus? Welchen Preis bin ich zu zahlen bereit?

Ich erwäge meine Rentenversicherung zu kündigen und das Geld für eine Beerdigung anzulegen. Dann brauchen sich weder meine Kinder noch meine Eltern darüber Gedanken machen.

Ich will mich mit dem ganzen Scheiß nicht beschäftigen müssen! Ich will vor mich hin summend im Sonnenlicht über eine Blumenwiese schlendern, dabei Schmetterlinge, Vögel und anderes Getier beobachten und nicht daran denken, dass sich in meinem Körper Zellen eingenistet haben, die da nicht hingehören. Ich habe diesen Zellen nicht erlaubt Untermieter zu werden!

Wenn die Therapie gut anschlägt und sich meine Lebensaussichten verbessern, werde ich mich damit beschäftigen müssen, eine andere Wohnung zu mieten. Ich wohne jetzt im ersten Stock und es gibt natürlich keinen Fahrstuhl. Ich werde eine EG-Wohnung brauchen und selbst da wird es einige Stufen zu überwinden geben. Und wie wuppe ich den Umzug? Scheiße! Ich werde auf Hilfe angewiesen sein. Mein ganzes restliches Leben.... Ich hasse es! Ich habe so viel dafür getan alleine klar zu kommen und nun.... FUCK!!!!!!!!!!! Dieser verfluchte scheiß Krebs macht einfach mein Leben kaputt. Von einem Tag auf den anderen ist nichts mehr, wie es sein sollte. Nichts mehr, wie ich es mir wünsche. Ich muss mich von so vielem Verabschieden.

Ich will die ganze Zeit fluchen. Laut schreien. Gegen Dinge treten und schlagen. Aber ich kann es nicht. Ich bin ruhig. Manchmal weine ich ein wenig. Manchmal schlage ich meine Faust aufs Bett. Manchmal tu ich mir selber weh um nicht wahnsinnig zu werden. Nicht schlimm bisher, ich kratze mir meine Füße auf, wie früher schon, ich presse meinen Fingernagel in die Haut bis es wirklich weh tut. Im Moment fühle ich mich gefangen in meinen schwachen Körper und ich hasse dieses Gefühl.

Mir ist klar, dass es gesünder wäre, die Wut raus zu lassen, aber ich kann einfach nicht. Hinter der Wut steckt nämlich eine ganze Menge Angst und die wird mich überwältigen, wenn ich die Wut zulasse und rauslasse. Und was passiert dann, wenn die Angst mich fest im Griff hat?  Ich befürchte, dann gebe ich auf und gehe unter. Ich darf aber nicht aufgeben! Meine supertollen, lieben, tapferen Mädchen brauchen mich doch. Lieber eine kranke Mutter als keine. Schlimm genug, dass der Vater sich nicht kümmert. Er sagt, er kann sich nicht kümmern, weil er so krank ist. Vielleicht stimmt das, aber ich bin trotzdem auf ihn wütend.

Es ist so scheiße alles. Diese verdammte Krankheit.

Ich neige sonst dazu selbst das kleinste Licht in der tiefsten Dunkelheit zu entdecken.  Auch mit dieser Krankheit. Aber jetzt, in diesem Moment, bin ich einfach nur wütend, dass es mich trifft, dass mein Lebensplan zerstört  und sich mein Leben und das meiner Mädchen grundlegend ändern wird.