Wo bist du gelandet?

Bisher ging es hier darum, aus meinem durchaus chaotischem Leben mit zwei Teenagertöchtern, zwei Katzen und einem Kaninchen zu berichten. Es ging auch darum, dass ich gerade ins Berufsleben eingestiegen war und immer wieder versuchte, mein Essverhalten in halbwegs normale Bahnen zu lenken und quasi als Nebenwirkung mein Gewicht zu reduzieren ohne auf obskure Diätversprechungen herein zu fallen.

Doch seit dem 12.02.2015 ist da die Diagnose, die mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, Wichtigkeiten verschoben und alle Pläne über den Haufen geworfen hat. Ich habe Krebs. Genauer: Brustkrebs mit Metastasen in der Leber und in der Wirbelsäule. Gerade letzteres verursacht mir heftigste Schmerzen und beeinträchtigt meine Lebensqualität massiv. Wahrscheinlich werde ich also in Zukunft einiges genau darüber schreiben.

Samstag, 21. November 2015

Ein unförmiges Etwas

So fühle ich mich gerade.

Es gibt Entwicklungen, die machen mir Angst. Schlechte Blutwerte sind so eine Sache. Und Wassereinlagerungen eine andere. Und letztere plagen mich gerade extrem!

Ich verwandle mich in eine unförmige Masse mit angeschwollenen Gliedern. Meine Beine sind Stampfer! Und das geht so weit, dass ich sie gar nicht mehr fühlen kann. Das macht mir Angst! Eigentlich sollte ich entwässern. Aber da mein Blutdruck ja eh immer so niedrg ist, darf ich das nicht per Tablette. Und nun?
Auch mein Arm schwillt an. Da soll ich jetzt einen Kompressionsstrumpf bekommen. Und Lymphdrainage. Ich muss nur endlich Termine ausmachen. Hab ich für Montag fest eingeplant. Da bin ich ja eh zur Blutabnahme und quasi nebenan ist dann die Praxis, die hoffentlich Termine für mich hat.

Mir geht das so auf die Nerven. Ich komme teilweise aus Stühlen nicht mehr hoch. Wegen dem eingelagerten Wasser! Weil alles so schwer ist. Und das ist mir so peinlich. Ich möchte dann im Erdboden versinken. Was eigentlich auch ziemlich dumm ist, denn ich hab mir den ganzen Scheiß ja nicht ausgesucht.

Ich hasse es krank zu sein.

Freitag, 13. November 2015

12 aus 12... zumindest in etwa!

 Hier irgendwo wohne ich und starte jeden Morgen den Weg zum Bäcker. Wo genau müsst ihr ja nicht wissen. Und die, die es wissen, werden mich wohl nicht verraten. Oder doch? Sollte ich nun Angst haben? Ach ich weiß nicht. Ich neige ja nicht zur Angst.
 Und dann gehe ich diese Straße entlang. Jeden Tag ist weniger Laub in den Bäumen, langsam wird der Anblick trostlos.
 Mein Rollator. Ich liebe ihn! Er hilft mir, mich aufrecht zu halten und mit ihm bin ich auch noch recht flott unterwegs. Und vielleicht fällt es euch auf... die Hupe ist weg! Sie ist nicht wirklich weg, ich hab sie noch. Sie liegt gerade im Auto. Das Gummi ist gerissen. Morgen baue ich sie wieder an, mit neuem Gummi! Mein Rollator ohne Hupe geht GAR NICHT!
 Hier geht es mir um den Himmel. Ich mag das Spiel von Licht und Schatten, der verschiedenen blau bis grau Tönen und dann plötzlich das Licht. Außerdem gehe ich Umwege. Ich gehe nie den kürzesten Weg. Ich will länger unterwegs sein, als ich es sein müsste. Es ist mein Sportprogramm.
 Hier war ich schon beim Bäcker gewesen. Die Brötchentüte und die Zeitung sind ein eindeutiger Hinweis.
 Auch ein täglicher Anblick. Dort vorne befindet sich die Grundschule, die ich schon besucht habe und nach mir meine Kinder. Ob auch meine Enkel eines Tages auf diese Grundschule gehen werden? Und werde ich es erleben? Heute sind diese Gedanken etwas bitter, denn mir geht es nicht ganz so gut, wie ich es gehofft habe.
 Und nun wieder der Himmel.
 Wasser. Wasser ist in dieser, meinen Stadt, nie weit weg. Und ich mag diese Wildheit, das Ungezähmte. Solche Ecken mag mancher als Schande sehen, ich nicht.

 Und wieder Himmel. Nervt es schon? Einen Moment hatte ich befürchtet, ich würde nass werden. So ein Schauer könnte sich ja schnell ergießen und ich wäre ungeschützt gewesen. Aber es blieb trocken! Es sah nur einen Augenblick ziemlich bedrohlich aus. Aber dann kam das Licht und das Licht bringt Hoffnung. Hoffnung konnte ich heute besonders gut gebrauchen.
 Jetzt aber rasch weiter nach Hause. Es könnte immer noch der Regen kommen und ich wäre immer noch ungeschützt. Eine schwere Erkältung brauche ich nun wirklich nicht.
 Und da parkt mein Rollator. Ich finde, es ist gut zu sehen, dass trotz des Teils noch viel Platz im Treppenhaus ist. Anfangs gab es immer wieder einen Nachbarn, der meinte, er müsse meinen Rollator in den Keller räumen. Dummerweise bekomme ich ihn da aber nicht wieder hinaus. Ich kann ihn schlicht nicht anheben. Darf ich auch gar nicht. Ich bin darauf angewiesen, dass der Rollator genau dort stehen bleibt und jederzeit für mich greifbar ist. Inzwischen klappt es auch. Aber bis dahin stand ich einige Male heulend im Treppenhaus und habe mich wie ein geprügelter Hund wieder nach oben gequält. Ich fühlte mich dann gefangen.



 Ein Teil meines Frühstücks. Ich liebe Kaba mit frischer Vollmilch. Inzwischen mag ich tatsächlich nur noch die Vollmilch. H-Milch oder fettarme Milch ist nichts mehr für mich.
 Mein tägliches Motto gib mir heute..... Eine Gabe aus meinem Forum. Jeden Tag schaue ich mir die Sprüche an und wähle einen für den Tag aus. Heute ist es also an der Zeit Träume wahr werden zu lassen. Und welchen Traum habe ich heute wahr werden lassen? Ich habe wieder für etwas mehr Licht in meinem Leben gesorgt. Ich habe schon wieder zwei LED-Lichterketten angeschafft. Von denen habe ich aber jetzt gar keine Bilder. Das hole ich bald nach! Versprochen.
 Ich wünsche schon heute jedem eine schöne Weihnachtszeit. Ich bin etwas zeitig dran, aber dieses Jahr ist halt alles anders.
 Eine neue Phase. Vor einigen Wochen noch aß ich jeden Morgen ein Brötchen mit Erdbeermarmelade. Aber plötzlich mag ich das nicht mehr. Jetzt bin ich wieder bei ungesalzener Butter und Geflügelsalami. Wobei es auch hauchfein geschnittene Salami sein kann. Geflügel ist nicht zwingend. Lecker ist es auf jeden Fall.
 Ohne Zeitung geht so ein Frühstück natürlich gar nicht! Ich will ja wissen, was in meiner Gegend so los ist. Also hole ich mir die Brunsbütteler Zeitung und lese sie. Da ich ja nun recht viel Zeit habe, versuche ich auch wirklich alles zu lesen. Manchmal ist es so, dass mich einzelne Themen gar nicht interessieren und auch einzelne Orte sind mir einfach egal. Sie sind zu weit weg, zu fremd. Aber wenigstens über Brunsbüttel und Marne lese ich alles. Brunsbüttel, klar, da lebe ich. Marne, da leben meine Mutter und meine Schwester. Da sollte ich schon wissen, was so los ist. Und die Kreisstadt interessiert mich natürlich auch. Schon weil dort mein Arbeitgeber sitzt.

Warten auf meine Tochter. Ich habe sie heute abgeholt, weil sie einen Termin beim Zahnarzt hatte. Nächste Woche wird ihr der nächste Zahn gezogen. Die Arme! Einerseits tut sie mir echt Leid. Andererseits habe ich sie immer und immer wieder gewarnt, habe sie aufgefordert besser auf ihre Zähne zu achten und nun.... Nächste Woche werde ich wieder Händchen halten müssen. Hoffentlich klappt das besser als heute! Heute war ich echt .... kraftlos. Immer wieder mussten meine Mädchen mir heute helfen.


Nun sind es doch mehr Bilder geworden. Aber ich glaube, das stört niemanden. Mich nicht.

Montag, 9. November 2015

Lebensfreude

 Es gibt so Tage, die wollen gefeiert werden, einfach so. Gestern war für mich so ein Tag. Ich feiere das Leben! Ich lebe!  Und ja, da musste es auch mal ein Glas Sekt sein. Dabei bin ich dem Alkohol sonst gar nicht so zugetan. Aber was solls.
 Die Pizza wurde äußerst kreativ gefertigt. Eigentlich ein Fertigteig. Mehr als ausrollen wäre nicht nötig gewesen. Was die Mädchen damit angestellt haben? Ich hab nicht gefragt. Es sah sehr kreativ aus und geschmeckt hat das Ergebnis auf jeden Fall sehr gut.
 Die Königsrolle. Ich erinnere mich an so viele Gelegenheiten, da gab es die Königsrolle zum Nachtisch. Ich bin ja Purist. Ich mag weder Schlagsahne dazu noch heiße Kirschen dazu. Einfach nur die pure Königsrolle. Lecker.
Irgendwann war ich dann aber auch satt. Pizza, Königsrolle, Sekt... alles leer.

Ich genieße es, dass ich solche Momente genießen kann. Und weil ich gestern in einer solchen Stimmung war, habe ich meinen Besten gefragt, ob er sich vorstellen könnte, mich in diesem Jahr noch mal zu besuchen. Und er hat ja gesagt. Wenn alles so klappt, wie wir es uns wünschen, wird er an meinem Geburtstag bei mir sein. Was mir das bedeutet? Dafür gibt es keine Worte. Aber wenn das klappt..... dann habe ich wieder einen Tag, den ich ganz besonders zelebrieren werde. Mein 36. Geburtstag. Der erste Geburtstag nach der Diagnose. Aber ganz sicher nicht der Letzte! Oh man, ich habe irgendwie Angst vor diesen Tagen. Nikolaus, Geburtstag, Weihnachten, Geburtstage der Kinder... Gerade letztere gehen mir echt Nahe. Meine Große wird im Januar 18. Achtzehn! Und ich habe keinen Plan, wie ich ihr diesen Tag ganz besonders gestalten kann. Angeblich will ihr Freund das ja übernehmen.

Mittwoch, 4. November 2015

Heute wieder der rote Cocktail....

Früh am morgen geht es los. Um halb acht kommt mein Taxi und plaudernd fahren wir zum Krankenhaus. Ich mag die Fahrerin. Sie ist mir inzwischen sehr vertraut und wie es der Zufall so will, kennt sie mich quasi schon mein ganzes Leben lang. Sie kennt meine Familie, meine Eltern, meine Großeltern, Geschwister und Onkel und Tanten. Überhaupt kennt sie ja Gott und die Welt und so erfahre ich immer eine Menge von ihr. Auch was so geplaudert wird. Es reicht nicht, dass ich eine beschissene Krankheit namens Krebs habe. Es reicht nicht, dass dieser aggressiv ist und gestreut hat. Es reicht den Leuten nicht, sie müssen meine Lage immer noch ein klein wenig dramatischer darstellen, als sie es ist. Ich tanze derzeit also auf Messers Schneide und bin dem Tod näher als dem Leben. Gut, dass wir darüber gesprochen haben.

Kein Arzt wird mir eine Lebensdauer prognostizieren. Niemand wird mir seriös sagen, dass ich noch mindestens bis Tag x Zeit habe mein Leben zu leben. Die Erfahrungen mit dieser Art der Krankheit sprechen eine recht eindeutige Sprache, aber der individuelle Fall kann davon doch extrem abweichen. Und weil ich eben so bin, wie ich bin, setze ich natürlich darauf, dass mein individueller Fall in einem fast normal langem Leben mündet.

Im Krankenhaus geht alles seinen gewohnten Gang. Ich nehme meinen Lieblingsplatz ein. Er ist in der Mitte des Raumes, ich habe den kompletten Überblick, kann den Stuhl bis zum Liegen stellen, wenn mir danach ist. Ich habe die Tageszeitung und den Stern dabei. Leider sind die beiden Patientinnen der letzten Woche nicht da. Ich hätte mich gerne wieder mit ihnen unterhalten, zumal ich es tatsächlich geschafft hatte, mir die Namen zu merken.

Heute sind neben mir noch vier weitere Damen dort. Nicht alle von ihnen erhalten eine Chemotherapie. Es gibt auch Antikörper und Knochenstärkung. Zwei der Damen waren gerade in der Anschlussheilbehandlung und erzählen davon, die Dritte hört interessiert zu, ist aber derzeit noch der Meinung, eine solche Behandlung nicht haben zu wollen. Ich schweige und habe gerade keine Meinung dazu. Muss ich auch nicht immer.Überhaupt ist mir heute so gar nicht zum Reden. Ich will meine Diagnose und meinen Werdegang nicht schon wieder erklären. Ich bin dankbar, dass ich nicht gedrängt werde und froh, als ich mich für heute verabschieden kann.

Das Gefühl meiner Chemotherapie gegenüber ist wie immer. Ich schaue den roten Tropfen dabei zu, wie sie in meinen Leib rinnen und fühle mich dabei sehr gut. Der Kampf geht weiter. Die Ritter sind bewaffnet, entschlossen und bereit zu gewinnen. Ich spüre keine Nebenwirkungen, nichts, was darauf hin deutet, dass etwas nicht genau richtig sein könnte. Kraft spüre ich! Wie beschwingt bin ich letztlich, als das ganze Medikament in mir ist und ich weiß, es arbeitet.

Ein neuer Fahrer holt mich ab. Wir plaudern nett, er erzählt von sich und seinen Plänen, ich von mir und den Meinen. Eine angenehme Fahrt nach Hause. Der Tag ist halb um und ich fühle mich soooooo energiegeladen. Wie gerne würde ich jetzt etwas unternehmen! Vielleicht nach Itzehoe fahren und mich mit Dekomaterial bei Depot und Kunst und Kreativ eindecken? Ich will ja immer noch einen besonders schönen Adventskalender haben. Und ich brauche auch noch ein Stativ, ich könnte zu Mediamarkt fahren und schauen, ob ich eines finde..... Tja. Und was passiert dann? Plötzlich schlafe ich ein. Einfach so. Bin den ganzen Nachmittag wie weg getreten. Ich habe in den letzten Tagen wohl etwas zu wenig Zeit mit Schlaf verbracht.

Montag, 2. November 2015

Lebenszeichen

Es ist schon November und ich lebe! Ja, ich lebe wirklich. Klar, ich bin oft schwach, aber dennoch ist da dieser Funke in mir, der mich nicht nur einfach am Leben hält, sondern immer wieder die Hoffnung gibt, eines Tages wieder ein halbwegs normales Leben zu führen. Ja, ich träume noch immer davon in wenigen Wochen wieder am Schreibtisch zu sitzen. Ich will arbeiten! Ich will etwas Normalität. Und wenn es erst mal nur drei Stunden sind. Vielleicht arbeite ich nicht wieder direkt mit den Kunden zusammen. Vielleicht mache ich nur die reine Sachbearbeitung. Aber bisher sehe ich keinen Grund nicht davon auszugehen wenigstens wieder Teilzeit arbeiten zu können.

Ich brauche nur etwas mehr Kraft....

Und ich habe immer noch Sehnsucht in mir. Diese Erkenntnis hat mich ganz schön überrascht, zumal ich wenige Stunden vorher davon überzeugt war, gar keine Gefühle mehr zu haben. Aber auch dieser Funke ist noch vorhanden und ich pflege ihn gerade mit einem sanften Grinsen. Ich male mir aus, wie es wäre, wenn er mich im Arm hielte. Ich male mir aus, wie es wäre, wenn ich ihn berühre und er mich. Und alles was ich mir dabei ausmale fühlt sich so verdammt gut und richtig an. Ich könnte ihn einladen. Ich weiß, wir würden einander wieder nahe kommen. Er würde mich halten. Wir würden einander aufs Neue erkunden und es wäre so anders als beim letzten Mal, nicht nur in Anbetracht der Endlichkeit meines Seins, sondern auch, weil mein Körper eben sichtlich anders ist. Ich meine, ich habe mich gedrittelt! Und ich habe erstaunt fest gestellt, dass sich meine Haut ganz toll mit zurück entwickelt hat. Ja, ich bin weich und rundlich. Aber nicht seltsam verzerrt in einem zu großen Körper mit viel zu viel Haut. Und was hatte ich für Ängste deshalb..... Hatte ich doch erwartet, mein Bauch würde mir quasi bis zu den Knien hängen, aber dem ist überhaupt nicht so.

Vor einigen Tagen fühlte ich mich noch gar nicht. Ich empfand meinen Körper als ganz und gar fremd. Als würde er gar nicht zu mir gehören. Aber es änderte sich. Ich habe ihn angesehen, habe ihn angenommen und allmählich fühle ich mich wohler. Ich trage mehr und mehr Kleidung, die zu diesem Körper passt, was dazu beiträgt, dass ich mich noch wohler fühle. Und ich glaube, je mehr ich meinen neuen Körper annehmen kann, je mehr ich Vertrauen in ihn fasse, desto besser wird es mir gehen.

Übermorgen steigt der nächste Kampf. Die nächste Runde Chemo-Ritter wird in meinen Leib laufen und wieder wird der erbitterte Kampf aufgenommen werden. Ich sehe die Kämpfer so grimmig entschlossen vor mir, sie nicken mir zu und in ihren Augen liegt das tiefe Versprechen, dass sie siegreich sein werden. Ich fühle so einen großen Frieden bei diesem Bild! Was ja ein Widerspruch in sich ist, denn immerhin ziehen die Ritter in den Krieg gegen die Krebszellen.... Aber ich kann es einfach nicht besser beschreiben. Ich kann nicht aufgeben.

Mein Stammforum unterstützt mich in diesem Kampf auf eine Art und Weise, die mich tief berührt. Immer wieder gibt es Karten und Geschenke. Kleine und unfassbar große. Manchmal dachte ich, ich könnte es nicht annehmen. Eben, weil es so unfassbar große Gesten waren. Aber inzwischen genieße ich es einfach nur. Diese Menschen haben ja für sich entschieden, dass sie mir helfen wollen. Warum sollte ich sie hindern? Irgendwann werde ich dann jemanden helfen, der in einer ähnlichen Lage ist, wie ich nun. Es ist ein großes Geben und Nehmen. Aber die kleinen Gesten sind genauso wichtig. Jede einzelne Karte ist mir so kostbar, dass ich sie aufbewahre. Ich bin jeden Tag wieder gerührt und freue mich, wann immer ich etwas in die Hand nehme, was von meinen Forendamen kommt. Ich liebe die Mützen, Schals und Socken. Ich liebe die Karten, die Sprüche, die Gedanken die dahinter stecken. Ich liebe die Malbücher, die mir einen Moment der Entspannung schenken, ich liebe einfach alles. Hätte ich vor Jahren geglaubt, dass ich mal so dazu gehören würde? Nein, niemals. Was war ich damals naiv. Eine Hausfrau mit einer Menge Flausen im Kopf. Aber dann... sie begleiteten mich durch die Trennung, die Ausbildung... durch mein Leben. Sie erweiterten meinen Horizont, gaben mir tolle Hinweise und gaben mir auch mal schmerzhafte Ratschläge. Mein Kopf wurde mir mehrfach gut gewaschen und doch bekam ich immer Halt, wenn ich ihn brauchte. Vielleicht ist doch etwas dran, wenn mir gesagt wird, dass ich einfach etwas Gutes verdient habe?

Ich lebe also noch. Und ich habe nicht vor etwas daran zu ändern. Ich werde weiter leben und mein Leben wird nach und nach wieder besser. Ich werde zu neuer Kraft kommen. Ich werde den Krebs weiter in seine Schranken weisen und ansonsten ein möglichst gutes Leben führen.

Ich freue mich schon auf Weihnachten. Nach und nach bin ich dabei meine Wohnung mehr und mehr zum Leuchten zu bringen. Ich liebe derzeit jede Form von Lichterketten. Ich muss unbedingt noch zu Ikea! Und ich will zum Bummeln nach Lübeck. Da habe ich vor zwei oder drei Jahren so viele tolle Läden gesehen... Meine Mutter wird mit mir hinfahren und wir werden dann auch gleich noch meinen Onkel besuchen. Bietet sich an, wenn wir schon dort sind. Ich habe schon eine Idee für den Adventskalender, aber kaum Ideen für Geschenke. Ich selber wünsche mir nur gemeinsame Zeit. Und gutes Essen. *lacht* Ich habe immer noch ein Problem mit dem Kochen. Und meine Mädchen sind genauso unbegabte Köchinnen wie ich. Leider.

Mittwoch, 30. September 2015

Die Zeit vergeht....

Ein Monat ist vergangen. Das ist eigentlich keine lange Zeit. Aber es kann sich in dieser Zeit so viel verändern. Wo fange ich also an zu erzählen?

Meine Große ist immer noch in der Kur. Aber nur noch eine Woche. Ich freue mich schon sehr darauf sie wieder in den Arm zu nehmen, mich mit ihr zu unterhalten, von Angesicht zu Angesicht. Am Telefon klingt sie schon so viel erwachsener! Faszinierend. Sie will einige Dinge klären wenn sie zu Hause ist. Sie hat Forderungen, meinte sie am Telefon heute. Sie will mehr Familienleben haben und Frieden zwischen mir, meiner Mutter, meiner Schwester und ihr. Ich bin gespannt, was sie sich so ausgedacht hat.

Meine Kleine ist mir näher gekommen. Wir haben wunderschöne Stunden miteinander verbracht. Sie setzte sich zu mir auf das Sofa, wir kuschelten und redeten. Über ihr Leben. Nicht über meine Krankheit. Sie erzählte mir von ihren Freunden, ein wenig zumindest. Es gab auch spontane Spielabende. Ich liebe es! Ich liebe meine Tochter von ganzem Herzen. Sie half mir, wenn ich sie bat, ohne großes Gemaule. Und oft wurde sie auch von ganz alleine aktiv. Ich bin ihr dankbar. Sie hat mir eine Seite an sich gezeigt, die mir die Zuversicht schenkt, dass sie ihren Weg gehen wird. Heute wurde entschieden, dass sie in die Hauswirtschaftsgruppe ihrer Berufsorientierung aufgenommen ist und sie hat sich richtig gefreut. Sie kann sich also freuen. Das ist nicht selbstverständlich, denn oft genug war sie einfach desinteressiert an ihrer Zukunft oder schlimmer noch, sie meinte, sie habe doch eh keine. Kann sich jemand vorstellen, wie weh eine solche Aussage aus dem Mund der eigenen, gerade mal 16 Jahre alten, Tochter tut? Mir zerriss es das Herz. Aber jetzt habe ich Hoffnung.

Heute habe ich um Hilfe gebeten. Ich rief meine Mutter an und bat sie um Hilfe beim Einkauf. Ich pack es nicht. Zu schwach. Ich bat sie aber auch, nicht mit mir zu meckern. Denn ich ertrage das nicht. Ich will nicht hören, wie schlimm es hier aussieht und schon gar nicht will ich hören, dass ich mich nicht hängen lassen darf und mehr kämpfen muss. Sie weiß nicht, wie es mir geht. Sie kann nicht beurteilen, wie sehr ich mich hängen lasse, oder eben nicht. Ich ertrage derzeit keine Kritik. Das ist einfach so. Wenn sie also morgen her kommt, um mir zu helfen, dann ist es so, dass schon die Bitte mir sehr schwer fiel. Käme dann noch Kritik würde ich wohl wieder wie eine Muschel dicht machen.

Was ich auch brauchen könnte, wäre ein Koch. Jemand, der mir einmal am Tag eine warme und weiche Mahlzeit reicht. Zum Kochen reicht es bei mir nicht. Dosenfutter und Fertiggerichte? Für letzteres fehlt die Mikrowelle, aber da ich die eh anschaffen wollte, muss ich wohl noch mal im Detail darüber nachdenken. Ich denke derzeit an Gerichte wie Gulasch mit Nudeln, Grünkohl, Geschnetzeltes mit Reis... essen würde ich es wohl, aber zubereiten... ich zweifle daran, dass ich es schaffe. Schon gesund koche ich eher ungern, krank.... lassen wir es.

Diese Unlust Speisen zuzubereiten und zu essen hat natürlich Spuren hinterlassen. Ich wiege unter 100kg. Das erste Mal seit...20 Jahren? Ich habe kaum noch Muskeln. Es muss sich also wirklich etwas ändern. Ich muss essen, ich muss mich bewegen um wieder Kraft zu gewinnen. Ich kämpfe also weiter. Aufgeben gilt nicht.

Freitag, 28. August 2015

Sie ist weg....

Heute liegt schon ein sehr langer Tag hinter mir. Er fing mitten in der Nacht um 3Uhr an. DREI UHR in der Nacht! Tatsächlich. Warum mute ich mir so etwas zu? Ganz einfach: Meine Große fährt zur Kur. In Bayern wird sie 6 Wochen verbringen, kann sich ganz und gar auf sich konzentrieren und schauen, wie ihr Leben nun weiter gehen soll.Von der Westküste Schleswig-Holsteins ist es nicht gerade ein Katzensprung bis in den Süden von Bayern.. Meine Freundin fuhr mit uns nach Hamburg zum Hauptbahnhof. Dort setzten wir meine Große, die ja immerhin schon 17 Jahre alt ist, um kurz vor 6 Uhr heute morgen in den Zug nach München. Ich gestehe, ich habe geheult als sie im Zug saß. Sie wird mir wahnsinnig fehlen!
Auf dem Weg nach München schickte sie mir schon erste Bilder mit dem Alpenpanorama am Horizont. Einmal will ich die Berge auch sehen. Einmal... Aber nun geht es ja um meine Tochter.
In München kam der Zug mit Verspätung an! Panik! Das verkürzte die ohnehin sportliche Umstiegszeit noch mal erheblich. Sie sprang also in den Zug, der an dem angegebenem Gleis stand, ohne sicher zu sein, sich im richtigen Zug zu befinden. Kaum war sie im Zug, fuhr dieser auch schon los. Wir beteten beide, dass es der Richtige sei. Sie bat mich dann, ihr die nächsten Bahnhöfe zu nennen, die ihr Zug anfahren würde und das stimmte überein. Sie war also immer noch auf dem richtigen Weg und mir fiel ein halbes Gebirge vom Herzen. Der nächste und letzte Umstieg war problemlos abgelaufen. Sie würde Berchtesgaden nun bald erreichen und dort erwartete man sie.

Heute Abend rief sie mich dann an. Erzählte mir von der Fahrt, davon welche Ängste sie hatte und ihrer Erleichterung, dass am Ende alles geklappt hatte. Sie war schon bei zig Ärzten, bei Psychologen und einer Ernährungsberaterin. Sie bezog irgendwann ihr Zimmer und lernte ihre Zimmergenossin kennen. Sie muss sich das Zimmer nur mit einem anderen Mädchen teilen.
Das älteste Mädchen dort ist neunzehn Jahre alt.
Sie plapperte und plapperte mit einer Aufregung und Vorfreude in der Stimmung, ich hätte ihr stundenlang zuhören können. Wir haben ausgemacht, dass sie selber bestimmt, wann sie mich anrufen möchte und ich schreibe ihr einmal in der Woche einen Brief, in dem ich sie auf dem Laufenden halte. Ich hoffe ja immer noch, dass auch sie zum Stift greift und mir ihre Eindrücke erzählt.

Wie dem auch sei, sie hat heute etwas geschafft, bei dem andere, erwachsene Menschen gescheitert wären: Alleine die Republik von Nord nach Süd durchquert. Ich bin so unfassbar stolz auf mein Kind.Sie hat dies geschafft, was sollte sie nun noch aufhalten ihre anderen Ziele zu erreichen?

Sonntag, 2. August 2015

Besuch!

Ich hatte heute Besuch von meiner lieben Freundin Guni, die ich seit *überleg* acht oder neun Jahren per Skype "kenne". Wir spielen das gleiche Spiel und unsere Chars sind sich damals über den Weg gelaufen und wurden Freunde. Irgendwann quatschten wir dann im Skype auch über privates und inzwischen ist das Spiel nur noch eine nette, kleine Nebensache.
Ich war vorher ein wenig aufgeregt. Ich bin immer sehr unsicher, wenn es darum geht jemanden in meine Wohnung zu lassen. Aber als Guni dann da war, war alles super entspannt. Und wir quatschten vier Stunden quasi ohne Pause. Und die wenigen Pausen waren absolut nicht unangenehm. Ich finde es ja toll, wenn man auch miteinander schweigen kann. Dieser Nachmittag war rundherum schön.
Wir sprachen auch über diesen Blog und das ich schon so lange nichts mehr geschrieben habe. In den letzten Wochen war mir nicht danach zu schreiben. Dabei ist einiges passiert, seit dem ich die Ergebnisse erhalten habe. Ich war in Ratzeburg zur Anschlussheilbehandlung. Es gab wieder mal ein Gespräch um meine Gefühle richtig einzuordnen. Ich habe einige wichtige Erkenntnisse über mich selber gewonnen.
Liebe Guni, ich weiß ja, dass du öfter hier rein schaust. Danke für den schönen Nachmittag! Danke für die schönen Geschenke. Wobei das schönste Geschenk war, dass du hier warst. Ich hoffe du hast dich so wohl gefühlt wie ich. Hab dich lieb!

Mittwoch, 24. Juni 2015

Ergebnisse

Habt ihr es gestern rumpeln gehört so gegen halb vier?

Mir sind ganze Gebirge vom Herzen gefallen! Die Chemo war ein Erfolg! Die Tumore haben sich nicht vermehrt! In den Knochen sind die Tumore nicht mehr gewachsen. Ich habe eine Rippenfraktur und Querfortsatzfrakturen, außerdem noch eine recht frische Fraktur (Bruch) der Grundplatte des 12. Brustwirbelkörpers. Liest sich schlimm und ich war auch erschrocken. Gemacht wird da erst mal nichts. Ich bin noch mal eindringlich darauf hingewiesen worden, dass ich es mit der Bewegung eben nicht übertreiben soll und Sport noch immer genauso tabu ist wie schweres Heben. Naja... Sport lasse ich sein, dass mit dem Heben ist aber nicht immer möglich.

Die beste Nachricht ist aber, dass meine Leber nur noch zwei Tumore beherbergt! Alle anderen sind verschwunden! Das ist so unfassbar, so unglaublich.... Damit habe ich Lebenszeit gewonnen. Meine Ärztin war auch völlig begeistert. Auch die Blutwerte sind alle wieder im normalen Bereich.

Das Wochenende war schlimm. Ich hatte solche Angst, dachte, ich würde gesagt bekommen, dass ich mich auf den Tod vorbereiten solle. Mit meiner Ärztin habe ich ziemlich am Anfang ausgemacht, dass ich die Wahrheit will, auch wenn sie grausam ist und ich wahrscheinlich heulen werde. Aber ich will die Wahrheit. Und gestern sagte sie grinsend zu mir "Sie wollten ja immer die Wahrheit hören. Ich habe nicht mit einer solchen Besserung gerechnet! Hätte mir jemand im März gesagt, dass Sie im Juni aufrecht neben mir her laufen, hätte ich ihm nicht geglaubt. Und sehen Sie sich an, Sie laufen. Aufrecht."

Ich bin so froh über dieses Ergebnis. Es hat in mir Hoffnung auf eine (wenn auch kürzere) Zukunft geweckt. Etwas, dass ich in den letzten Wochen nicht mehr hatte. Da sah ich mich als Fast-Tote unter Menschen. Ich will leben. So lange wie möglich! Mit meinen Kindern, mit meinen Freundinnen und hoffentlich auch mit meinem Besten, der damit zufrieden ist, wenn ich ihn für den Besten halte. Ich liebe ihn. Das wird wohl nie aufhören.

Montag, 15. Juni 2015

Gedanken....

Es gibt Dinge, die muss man mit sich selber ausmachen. Es gibt Dinge, die will niemand hören.
In meinem Fall geht es ums Sterben. Niemand will hören, dass der Tod quasi schon hinter mir steht. Er wird kommen. Nicht heute oder morgen. Vielleicht nicht mal im nächsten Jahr und mit viel Glück noch viele Jahre nicht. Aber ich werde den Krebs nicht überleben. Ich werde eine Weile mit ihm leben. Vielleicht Jahre, ein Jahrzehnt, wenn ein kleines Wunder geschieht.
Das ist die eine Seite.
Die andere Seite: Ich sehne mich nach Zweisamkeit.
Nun stehen die Männer bei mir nicht gerade Schlange und ich will eh nur den Einen. Aber selbst wenn es so wäre, dass dieser mich wollen würde, dürfte ich? Eine Beziehung führt man im Jetzt und auf die Zukunft ausgerichtet. Aber wenn man so wenig Zukunft hat wie ich, darf man dann eine Beziehung haben? Also eine, die noch nicht bei der Diagnose bestand... Und weil ich das unbestimmte Gefühl habe, dass es sich als Sterbende nicht gehört einen Beziehungswunsch zu haben, rede ich nicht drüber. Erst letzte Woche war ja zu sehen, wie schnell es mir wieder schlechter gehen kann. Und meine Ärztin meinte, ich werde womöglich noch öfter in die Chemo müssen. Das kann man doch keinem neuen Partner zumuten. Schon gar nicht einem jungen Mann, der sich eine klassische Familie wünscht.

Gedanken wie diese beschäftigen mich in den letzten Nächten.

Und dann noch etwas. Zuständigkeitsgerangel. Ich soll am 25. Juni zur AHB. Ich habe bisher NICHTS an Unterlagen vom Rententräger. Bis letzte Woche wusste ich auch nicht, dass ich während der AHB Geld vom Rententräger bekomme statt Krankengeld. Und dann höre ich, dass es sein kann, das dieses Geld erst kommt, wenn die AHB schon beendet ist. Aber ich bin alleine, meine Kosten laufen weiter und auch wenn ich in der AHB bin, gibt es noch zwei Kinder, zwei Katzen und ein Kaninchen die versorgt sein müssen. Wie soll das ohne Geld gehen. Ich bekomme hier eine Panikattacke nach der anderen. Gestern habe ich dann eine EMail an die Sozialdienstmitarbeiterin geschickt in der ich erkläre, dass ich unter solchen Umständen eben nicht zur AHB fahren kann. Ich darf keine Schulden machen, ich habe auch niemanden, der meine Kosten trägt. Ich bin nun mal eine alleinerziehende Mutter. Und wenn ich mir Gedanken um Geld machen muss, um meine Kinder und die Wohnung, dann setze ich mich bestimmt nicht in die Ergotherapie und male Bildchen. Nein, dann werde ich wahnsinnig, kann nicht schlafen, heule ständig... Schon jetzt, beim Schreiben, bekomme ich Schweißausbrüche und bin kurz vorm Heulen. Ich hatte mich auf die AHB gefreut. Aber jetzt bedeutet sie mehr Stress für mich. Und Stress, so wird immer wieder gepredigt, tut uns Krebsatienten nicht gut.
Das der Check up noch nicht statt fand kommt ja noch dazu. Da muss ich mich um einen Termin kümmern. Jetzt gleich.

Freitag, 12. Juni 2015

Und dann kommt alles anders

Tja, das war nix. Den Termin für den Check up musste ich absagen, weil Magen und Darm mal wieder heftig protestierten. Und diesmal ist es wieder schlimm. Magenschmerzen sind übel. Ich fühle mich wieder sehr schwach.

Morgen zum Flohmarkt und dem Tag der offenen Tür der Krebsberatungsstelle wird wohl auch nichts. Es tröstet mich überhaupt nicht, dass der Wetterbericht schlechtes Wetter voraus sagt.

Sollte es übers Wochenende nicht besser werden, muss ich wohl wieder mal ins Krankenhaus. Hab ich da Lust zu? Nein, natürlich nicht!

;-)  Und weil man ja immer auch das Positive im Negativen sehen soll: Ich wiege tatsächlich unter 120kg. Keine Ahnung, wann ich dieses Gewicht das letzte Mal hatte. Es muss schon viele Jahre her sein. Wahrscheinlich waren meine Teenager noch Kleinkinder.

Passt gut auf euch auf.

Dienstag, 9. Juni 2015

Ereignisse werfen ihre Schatten

Heute hat meine Große ihre erste Prüfung für den Hauptschulabschluss. Ich bin aufgeregt! Sie wird es schaffen, da bin ich sicher und ihre Lehrer auch. Aber aufregend ist es schon. Zumal ich mich noch an Aussagen einer Lehrerin erinnere, die behauptete, meine Tochter wird nie einen Schulabschluss bekommen. Ich werde vor Stolz platzen, wenn meine Große ihr Abschlusszeugnis nach Hause bringt!
(Für die, die es nicht wissen: Tochter ist lernbehindert, hatte lange Zeit Schulangst.)

Am vergangenen Freitag war die vorerst letzte Chemotherapie. Diese Woche steht der Check up auf dem Plan. Ich bin sehr gespannt, welchen Effekt die Chemo hatte. Mal bin ich komplett entspannt und davon überzeugt, dass die Chemo sehr viel gebracht hat. Dann wieder bin ich voller Angst, dass die ganze Therapie nichts gebracht hat und frage mich, warum ich mir das ganze überhaupt angetan habe. Die Antwort kenne ich natürlich. Ich habe es für meine Töchter getan, weil ich bei ihnen bleiben will und zwar noch so lange wie irgendwie möglich.

Nach dem Check up kommt ein Termin, auf den ich mich schon sehr freue, auch wenn ich weiß, dass ich danach völlig fertig sein werde. Großer Flohmarkt in der Schleusenstadt. Der längste Markt an der Westküste. Ich werde den Rollator mitnehmen, dann habe ich mein Sitzplatz immer gleich bei mir und außerdem werde ich genug zu trinken mit nehmen. Aber ich will dieses Jahr endlich wieder über den Markt schlendern, vielleicht sogar etwas kaufen, wenn ich z.B. einen schönen Hut entdecke.
Am selben Tag ist auch Tag der offenen Tür in den neuen Räumen der Krebsberatungsstelle. Auch dort werde ich reinschauen und mich informieren.

Ich soll bald zur Anschlussheilbehandlung. Aber im Moment finde ich den Gedanken noch eher beängstigend, weil ich noch so viele Fragen habe, aber keine Antworten bekomme. Und ich will meine Kinder auch eigentlich nicht alleine lassen, mitkommen können sie aber nicht. Andererseits sieht die Klinik und vor allem die Umgebung gut aus. Und ich war dort noch nie. Ich war in meinem Leben nur an so wenigen Orten, das wird mir mehr und mehr bewusst. Und dazu kommt dann das Wissen, dass ich nicht mehr die Zeit habe, alle Orte zu sehen, die ich gerne sehen wollte. Noch kann ich damit nicht gut umgehen. Manchmal heule ich einfach drauf los und bemitleide mich selber.

Unabhängig von Ereignissen kann ich aber im Moment auch sagen, dass es mir recht gut geht. Manchmal geht es mir einen halben Tag schlecht, aber wenigstens habe ich keine Tage mehr, an denen ich glaube, ich würde gleich sterben. Ich traue mich sogar im Kleinen wieder zu planen, so wie eben jetzt mit dem Flohmarkt.

Sonntag, 24. Mai 2015

Plauderei

Es gibt Dinge, die habe ich noch nie im Leben getan. Großartige Dinge, wie einen Fallschirmsprung und kleine Dinge, wie ein verdrecktes Auto in die Waschstraße zu fahren. Auf den Fallschirmsprung werde ich wohl auch zukünftig verzichten, aber mein verdrecktes Auto in die Waschstraße fahren habe ich gestern erledigt.

Mein Auto stand unter eine Baum, der ziemlich viele klebrige Pollen abgeworfen hat. Es war kein schöner Anblick und wann immer ich einkaufen fuhr bildete ich mir ein, zu spüren, wie sich mein dreckiges Auto vor all den anderen Autos schämte. Nun gut, vielleicht war es auch die eigene Scham, die ich da spürte... Wie dem auch sei, es war klar, das Auto musste gewaschen werden. Normalerweise hätte ich mir nun eine Hand voll 1 und 2 Euro Münzen geschnappt und wäre zur Waschbox gefahren. Dort hätte ich meinen Wagen abgesprüht, eingeseift, wieder abgesprüht und zu guter Letzt wäre der Wachs aufgesprüht worden. Aber da mein Rücken ja so angegriffen ist, lass ich das nun lieber sein. Also muss ich in die Waschstraße.
Und da gibt es ja nicht nur ein Programm, nein, man muss sich bei dieser speziellen Waschstraße zwischen vier Programmen entscheiden.  Da meinem Auto lange nichts gutes getan wurde, gönnte ich ihm "Unsere Beste", also die teuerste Wäsche inklusive Unterboden. Wir spotteten draußen ein wenig, die Wäsche sei teurer als das Auto nach dem Unfall noch wert ist.
Nun ist mir bekannt, dass Radioantennen in der Waschstraße nichts verloren haben. Aber meine ließ sich natürlich nicht abbauen, nicht mal mit Hilfe eines sehr charmanten Herren. In Absprache mit dem Besitzer der Waschstraße gingen wir das Risiko ein und ließen die Antenne dran. Es ging gut!
Mein Auto strahlt nun wieder in Mitternachtsblau und ist wunderschön!

Außerdem war ich gestern in der Tierwelt Westküste. Einem kleinen Laden wo es alles für Haustiere gibt. Eigentlich sollten für meine Katzendamen nur zwei Transportboxen gekauft werden, die gerade im Angebot waren, weil ich bisher keine solche Box habe, es aber doch mal sein könnte, dass sie zum Tierarzt müssen. Die bisherige Lösung sie auf dem Arm zu nehmen fällt ja jetzt auch weg, mein Rücken... Mit so einer Box können dann auch meine Kinder und meine Mutter die Tiere tragen. In den nächsten Tagen werde ich also mit den beiden Katzendamen daran arbeiten in die Box zu gehen und sich dort wohl zu fühlen.
Aber wenn ich schon mal in dem Laden bin, schaue ich mich natürlich auch um. Und entdecke einiges, was ich für meine Beiden haben will. Mit in die Transportboxen gewandert ist ein Laserpointer. Eigentlich mag ich das Spielzeug nicht so gerne, aber meine Katzen lieben es. Ich mache es so, dass der Laserpunkt immer bei einem Leckerli endet, also kein Frust entsteht, weil nie etwas gefangen wird. Meine Töchter machen es auch so.
Dann haben wir noch einen kleinen Ball mitgenommen, den man mit Futter füllen kann. Wird er herum gerollt, fällt das Futter raus. Das Prinzip kennen die Katzen eigentlich schon, aber bisher mögen sie den Ball wohl noch nicht. Er ist allerdings auch nicht so leicht zu rollen wie es die bisher verwendeten Toilettenpapierrollen waren.
Am besten gefällt mir aber das Fantasy board von Trixie. Und den Katzen gefällt es auch. Sie hatten schnell heraus, wie sie an die Leckerchen kommen und gerade die größere Katze, Milly, hat gestern die Bälle fliegen lassen.

Nachdem ich im Tierladen so viel Geld gelassen habe, kam die Rechnung für die zweite Chemo. Die Erste lag bei 65€, die zweite jetzt bei 95€, wahrscheinlich hatte ich beim zweiten Mal die Antikörpertherapie dabei oder Bisphosphonate. Ich sehe schon, die Chemotherapie wird lange vorbei sein, aber die Rechnungen trudeln noch ein. Ich habe mir gestern erst mal einen bunten Aktenordner gekauft um alle Rechnungen rund um meine Erkrankung in einem Ordner zu sammeln.
Dienstag muss ich eh zu meiner Krankenversicherung hin um etwas für meine Tochter zu klären, da werde ich mir gleich mal beim Antrag auf Befreiung von der Zuzahlung helfen lassen.

Am Freitag waren wir bei der Chemo nur zu dritt. Eine angenehme, kleine Runde zumal wir drei uns auch gut verstehen. Ich wurde schon etwas wehmütig, da ich ja nur noch zwei mal dabei sein werde. Und dann nur noch alle zwei Wochen um meine Antikörper und das Bisphosphonat zu bekommen. Aber es wird dann anders sein.
Diesmal war auch schon etwas anders, denn ich brauchte zwei Stunden länger als meine Mitstreiterinnen. Ausgerechnet an diesem Freitag trafen Antikörper und Bisphosphonat zusammen. Und es dauerte ewig. Ich musste dann in einer nicht besonders bequemen Haltung auf dem Stuhl sitzen, damit der Tropf schnell genug lief. So was mag ich ja gar nicht! Sonst war es völlig egal wie ich lag oder saß, es lief immer gut. Mal sehen, wie es nächste Woche ist.

Mitte Juni ist dann der Check up. Ich bin gespannt (und etwas bange) wie die Bilder sich verändert haben. Ich hoffe, sie haben sich sehr verändert und zwar zum Guten! Auf jeden Fall wird nach dem Check up entschieden, wie es weiter geht. Vielleicht wagt dann auch mal eine der Ärztinnen wirklich eine Prognose bezüglich meiner Lebenserwartung zu äußern. Ich wünsche mir eine Aussage, auch wenn ich weiß, dass es für die Ärztinnen ganz schwer ist. Bei einigen von ihnen habe ich immer das Gefühl, sie sehen mich schon im Sarg. Andere vermitteln mir eher, dass ich noch ganz viel Zeit habe. Und bei zwei Ärztinnen bekomme ich sehr widersprüchliche Signale, was mich extrem irritiert.  Ich werde tatsächlich nur von Frauen behandelt. Und die sind zu einem großen Teil in etwa in meinem Alter. Vielleicht geht ihnen meine Erkrankung deshalb auch so nahe?

Ich habe mir übrigens Hosen gekauft. Eine ganze Kleidergröße kleiner als bisher. Meine Mutter nennt es: Das Gute im Schlechten. Ich nenne es gar nicht, spüre aber, dass ich dem nicht traue. Also ich glaube nicht, dass ich das nun niedrigere Gewicht halten könnte, wenn sich alles etwas normalisiert. Aber das wird es ja vielleicht auch gar nicht. Mein Gewicht ist inzwischen relativ stabil zwischen 122 und 125kg. Habe ich ein, zwei Tage mit Übelkeit dazwischen, verliere ich noch mal ein wenig Gewicht, aber hole das wieder rauf, sobald es mir besser geht.

Dienstag, 19. Mai 2015

Schlaflos....

Da bin ich todmüde, tapere gähnend ins Bett und was passiert? Zehn Minuten später bin ich wieder hellwach. Das dritte oder vierte mal in Folge passiert mir das. Tagsüber komme ich aber auch kaum zum Schlafen. Dieser Zustand gefällt mir nicht! Statt mich noch weiter im Bett zu wälzen lenke ich mich nun wieder ab. Ein Dauerzustand sollte dies hier aber nicht werden, folglich werde ich mir noch Gedanken machen müssen, was zu ändern ist, damit ich wieder gut einschlafe und vor allem durch schlafe. Heute werde ich wohl Bücherwurm spielen, bis die Buchstaben verschwimmen.

Morgen beantragt meine Kleine ihren Personalausweis und ich statte einigen Kollegen einen Besuch ab. Mal schauen, wen ich morgen Nachmittag noch im Büro vorfinde. Ich freue mich auf das Wiedersehen.

Donnerstag, 14. Mai 2015

Trommeln

Als ich 2013 in der Tagesklinik war nahm ich am Trommeln teil und bemerkte schnell, wie gut es mir tat. Ich konnte so viel aus mir heraus lassen beim Trommeln und gleichzeitig entspannen. Immer wieder nahm ich mir vor, mir eine Djembe anzuschaffen, aber aus den verschiedenen Gründen verschob ich die Anschaffung immer wieder.
Nach der Krebsdiagnose hätte ich gerne meine Angst und meine Wut heraus getrommelt, doch diese Möglichkeit gab es im Krankenhaus nicht. Und zu Hause auch nicht, da keine Trommel vorhanden war.
Seit dieser Woche nenne ich eine Djembe mein Eigen. Versehentlich habe ich sie zu klein bestellt, aber erst einmal reicht sie. Ich musste mich aber überwinden wirklich zu trommeln, denn noch immer will ich keinen Krach machen.
Ich kann nicht mehr laut sein. Schon seit der Trennung nicht mehr. Ich bin total gehemmt. Lautes Singen, Lachen, Schreien.... nichts geht. Und deshalb war auch das Trommeln die meiste Zeit leise. Bloß nicht auffallen. Warum? Das habe ich nicht mal in der Therapie heraus finden können. Früher, vor 2009, konnte ich laut werden. Und wie! Ich ließ Freude wie Ärger einfach raus. Das klingt jetzt schlimmer als es war. Ich brüllte nicht ständig, aber wenn mich etwas ärgerte, dann ließ ich es kurz und knackig raus. Ich kann nicht mal mehr richtig heftig heulen, schluchzen... Nicht mal direkt nach der Krebsdiagnose. Ich spüre nur einen festen Kloß in meinem Bauch und ein Knoten im Hals. Manchmal habe ich regelrecht Angst zu ersticken. Trotzdem kann ich es nicht rauslassen.
Nun hoffe ich über das Hilfsmittel Trommeln diesen Kloß und den Knoten zu lockern. Und nach der ersten "Trommelrunde" fühlte ich mich wirklich gelöster.

Leider folgten dem Trommeltag wieder einmal Tage des Elends. Montags kam die Trommel. Dienstag wachte ich auf und bemerkte schon die Übelkeit. Tja, schon die Tabletten des Morgens blieben nicht im Magen. Im Laufe des Tages ging es mir schlechter. Ich habe mir wohl wieder einen Magen-Darm-Infekt eingefangen. Gegen Abend folgte das übliche Spiel: Einen Moment schwitze ich, im nächsten bräuchte ich drei Decken um nicht zu erfrieren. Die Nacht war schrecklich. Inzwischen kenne ich das Spiel ja schon und so entschloss ich mich zu Hause zu bleiben und nicht ins Krankenhaus zu gehen. Fieber hatte ich außerdem auch keines.
Mittwoch, der Geburtstag meiner Kleinen. Ich konnte ihr die Geschenke übergeben und verbrachte den ganzen Tag im Bett. Gegen Abend schlief ich ein.
Heute morgen um halb sechs wurde ich wach und war dann auch hellwach. Es ging mir wieder gut! Einfach so. Gegen Mittag traute ich mich dann auch etwas zu essen und alles war gut.

Morgen ist Chemo Nr.9 dran. Die letzten Male habe ich am Freitag Chemo. Noch drei Mal, dann soll die Bestrahlung stattfinden. Antikörper und Bisphosphonate werden nach der Chemo aber weiter alle zwei bzw. vier Wochen verabreicht. Nach der Bestrahlung wird dann geguckt, wie erfolgreich die Behandlung war. Ich habe Angst, dass sich nichts getan haben könnte.

Dienstag, 28. April 2015

Hoffnung!?!

Die durchschnittliche Lebenserwartung bei fortgeschrittenem Brustkrebs liegt heute bei etwa zwei Jahren nach dem ersten Auftreten von Metastasen. Doch etwa ein Viertel der Patientinnen lebt noch fünf Jahre und jede zehnte Betroffene mehr als zehn Jahre lang. Diese Angaben beruhen jedoch auch auf historischen Betrachtungen; wie lange eine Patientin mit den heutigen, modernen Therapien leben kann, ist noch nicht bekannt.

Diesen Text habe ich so oder ganz ähnlich auf so ziemlich jeder Seite über fortschreitenden Brustkrebs gelesen.   Zwei Jahre, fünf Jahre, mehr als zehn Jahre. Dazu die Aussage einer der Ärztinnen der Station auf der ich dieses Jahr schon so viel Zeit verbracht habe: "Ich habe bisher keine Patientin an den Krebs verloren und ich arbeite hier jetzt seit sieben Jahren." Strohhalme, an die ich mich an manchen Tagen klammere. An den meisten Tagen aber ist der Gedanke an meinen möglichen Tod genauso weit weg wie vor der Diagnose. Bin ich dickfellig? Habe ich mich noch immer nicht meiner Krankheit gestellt? Verdränge ich? Ich habe keine wirkliche Antwort auf diese Fragen.

Ich habe mich durchaus schon mit dem Thema Tod beschäftigt. Auch mit meiner Beerdigung, wie ich es gerne hätte, was mir egal wäre, was meine Töchter entscheiden müssten. Allerdings ist inzwischen auch der Gedanke da, meinen Körper der Wissenschaft zu überlassen, wenn dies für meine Kinder und meine Mutter in Ordnung wäre. Wir werden darüber reden müssen. Und die Frage ist, ob mein Körper überhaupt von Interesse ist.

Eigentlich wollte ich schon lange schlafen. Aber plötzlich ist da dieser Gedanke an den Tod. Und er lässt sich partout nicht beiseite schieben.
Ich kann jetzt noch nicht sterben. Nicht nur, weil ich noch viel zu jung bin, sondern auch, weil sich dann andere um mein Chaos kümmern müssten. Alleine wenn ich daran denke, was noch alles im Keller liegt... Nein, dass geht gar nicht. Auch schaue ich in den letzten Tagen meine Bücher an und denke, dass ich anfangen sollte zumindest einige davon weg zu geben.
Vorhin habe ich in die Abseite geschaut. Hätte ich besser nicht tun sollen. Auch dort so viel Kram... Ich darf nicht darüber nachdenken, wie viel Geld da eigentlich liegt. Und ich werde diesen Kram wohl kaum wieder zu Geld machen können, was schade ist.

Ich hatte heute meine Kleine bei mir sitzen. Wir alberten ein wenig herum, kritzelten uns gegenseitig an und erzählten Blödsinn. Ein Moment für die Ewigkeit. Und da war der Gedanke wieder da. Zwei Jahre. Weniger vielleicht. Das kann doch unmöglich sein! Meine Tochter kann nicht mit 17 oder 18 ihre Mutter beerdigen. Das geht doch nicht! Sie wird mich noch brauchen, ich will ihr noch Schönes zeigen, will an ihrer Seite sein, wenn sie erwachsen wird. Ich kann nicht sterben. Nicht heute, nicht in zwei Jahren, nicht in fünf und auch noch lange nicht in zehn Jahren. Das ist kein trotziger Gedanke, auch wenn es sich im ersten Moment sicher so liest. Nein, es ist ein Gedanke, der mit einer ruhigen Festigkeit in meinem Kopf sitzt, dass es ausgeschlossen erscheint, es könnte anders sein.

Es gab Zeiten, da war der Gedanke an den Tod nichts, was mir Angst machte. Der Tod war für mich so etwas wie das Hintertürchen. Wenn mir alles zu viel wird, dann weiß ich, wo der Ausgang ist. Ich geh dann... Und jetzt? Ich will nicht gehen. Ich werde nicht gehen.Ich werde zu den Frauen gehören, die auch in mehr als zehn Jahren noch mit dem Krebs leben. Kann ja gar nicht anders sein.

Ich habe keine Ahnung, ob irgendwas von dem, was ich geschrieben habe, für jemanden außerhalb meines Kopfes einen Sinn ergibt. Mir erscheint alles völlig klar und logisch. Ich werde bestimmt gleich gut schlafen und etwas wunderbares träumen. Vielleicht vom Besten, einem Spaziergang an der Havel entlang...  ;-)

Donnerstag, 23. April 2015

Nichts ging mehr

Seit Tagen hat mich wieder die Übelkeit im Griff, doch nicht nur das. Ich habe mich mehrfach erbrochen und dazu auch noch Magenschmerzen und Durchfall bekommen. Jetzt liege ich wieder mal auf der D3. Immerhin kann ich verkünden, dass ich nur noch Durchfall und Magenschmerzen habe, seit dem ich hier bin. Aber auch eine unheimlich große innere Unruhe, die mich noch verrückt macht. Ich kann nicht entspannen. Selbst mit medikamentöser Hilfe gelang es nur eine halbe Stunde.

Vor kurzen musste ich meine Schmerztabletten nehmen... Ich hatte solche Angst doch wieder erbrechen zu müssen. Und fast geschah es auch. Es ist nicht schön.

Mir wird gut zugeredet. Ich soll kämpfen, habe doch noch so viele Pläne, meine Mädchen, meinen Besten, den Traumjob, den ich so unbedingt machen will....
Aber WIE soll ich kämpfen, wenn ich es nicht mal schaffe, meinen Körper mit genug Energie zu versorgen, dass er weiter funktionieren kann? Jeder Schritt fällt mir derzeit so dermaßen schwer...

Ich habe einen Durchhänger und werde morgen nach einem Therapeutengespräch fragen. Vielleicht brauche ich doch mehr Begleitung.

In den letzten Tagen habe ich eine solche Nähe zu meiner Mutter aufgebaut, ich hätte es nicht für möglich gehalten. So nah, dass ich sie beinahe gebeten hätte, sich zu mir ins Bett zu legen und mich einfach mal fest zu halten.  Wenn diese Erkrankung etwas gutes hat, dann das. Ich liebe meine Mutter und ich weiß, sie liebt mich. Auch wenn wir uns so sehr unterscheiden. Und ich liebe meine Kinder. Mädels ich verspreche, ich gebe nicht auf. Das hier ist ein Rückschlag, aber ich steh bald wieder auf und dann zeig ich es mit meinen Freunden der Chemo und den Antikörpern dem Krebs.

Samstag, 18. April 2015

Dieser Moment

Ich werde wach. Schaue auf die Uhr. Es ist weit nach Mitternacht und meine Kleine sollte zu Hause sein. Ich habe ein ungutes Gefühl, also stehe ich auf und schaue nach. Ihr Bett ist leer. Ich hasse es. Natürlich habe ich versucht sie anzurufen. Das Handy ist aus. Morgen wird sie mir erzählen, dass sie vor dem Fernseher eingeschlafen ist und der Akku vom Handy leer war. Und ich weiß, dass es gelogen ist. Das ist alles so ätzend!

Natürlich habe ich versucht einige ihrer Freunde zu erreichen. Alle Akkus leer. Wer soll das denn bitte glauben? Warum meinen Teenager immer, sie könnten ihre Eltern für dumm verkaufen?

Dienstag, 14. April 2015

Unterhalt mal wieder

Ist es denn wirklich so schwer, den Unterhalt für seine Kinder einmal im Monat zu überweisen? Ich verstehe das einfach nicht! Er wollte die Kinder doch genauso wie ich und auch wenn er jetzt meint, sich nicht kümmern zu können, müsste er doch wenigstens den finanziellen Verpflichtungen nachkommen...

Nein, der Unterhalt, auf den meine Töchter und ich angewiesen sind, ist mal wieder nicht gekommen.
Der für Januar kam nicht, den wollte er nun monatlich abstottern.
Der für Februar kam nicht, den hat er versehentlich an seinen Vermieter überwiesen, der das Geld  nicht mehr raus rückt.
Im März hat er dann an das Jugendamt (die haben inzwischen eine Beistandschaft) gezahlt und die an mich.
Und jetzt ... kein Geld.

Der Monat wird scheiße. Ich bin sauer auf diesen Mann. Ich kann den Stress gerade echt nicht gebrauchen.

Meine Mädchen sind auch sauer, die wollten nämlich von einem Teil des Unterhalts Klamotten kaufen. Ich kann sie gut verstehen.

Samstag, 11. April 2015

Wochenend-Frühlingsgeräusche

Das Wetter ist toll. Draußen war ich heute auch schon. Und jetzt ist die Balkontür auf, die Katzen sonnen sich und ich lausche den typischen Geräuschen eines Frühlingswochenendes.

Am Deich laufen die Schafe wieder. Lämmer rufen nach ihren Müttern und die antworten.
Überall zwitschern Vögeln. Schon seit heute morgen ununterbrochen.
Irgendwo kläfft ein Hund. Und dann wieder ein anderer. Es gibt hier auf der Ecke so viele Hunde.
Kinder spielen draußen, natürlich darf da nicht der typische Sound des Bobby-Cars fehlen. Da werden Erinnerungen an die Kindheit meiner Kinder wach. Solche Tage wie heute verbrachten wir komplett draußen. Mit Picknick-Korb, Spielzeug und Decke...
Auch die Flieger fehlen wieder nicht. Bei der kleinen Runde die ich vorhin gegangen bin, habe ich mindestens drei Flugzeuge gesehen. Am Nachmittag werden es sicher noch mehr.
In den Gärten wird gewerkelt, teils mit kleinem Bagger, und gegrillt. Ich bin froh, dass ich keinen Garten habe. Meine Abneigung gegen Gartenarbeit habe ich sicher schon mal kund getan. Aber einen Grillplatz hätte ich schon gerne.

Am schönsten finde ich die Geräusche der Schafe. Ich mag die Deichschafe einfach. Und ich habe mir gerade vorgenommen, dass ich es schaffen will in zwei Wochen den Weg zum Deich und zurück zu gehen. Wenn ich dann oben auf dem Deich sitze, werde ich hoffentlich einige Schafe photographieren können.

Ich hab Lust auf Käsekuchen. Und was mach ich nun? Backzutaten habe ich nicht hier, mal abgesehen davon, dass ich nicht lange genug in der Küche stehen kann, den Kuchen nicht alleine in den Backofen bekomme... Blöd! Hoffentlich hat der Bäcker Käsekuchen, am liebsten den mit Blaubeeren.

Donnerstag, 9. April 2015

Noch mehr Medizin... und endlich Hunger!

Ich war bei meiner Frauenärtzin/Onkologin, weil ich diese Übelkeit nicht mehr aushalte. Ich habe Hunger und kann nichts essen, weil es ja eh wieder raus kommt, kein schöner Zustand. Also bekam ich von ihr eine Aloxi. Was soll ich sagen? Die Übelkeit wurde schnell besser. Und heute ist sie weg.

Weil ich erkältet bin und im Moment ein Keim umgeht, der schnell zu Lungenentzündungen führt, bekam ich aber auch noch ein Atibiotikum verschrieben. Und auch hier: Nach zwei Einnahmen schon eine deutliche Besserung. Würde ich Fieber bekommen, müsste ich umgehend, im Rettungswagen, in die Klinik.

Heute und morgen soll ich noch Cortison nehmen. Ich weiß, dass mir erklärt wurde, warum ich das nehmen soll, aber mein Gedächtnis ist ein Sieb und die Info "Warum" ist durch gerutscht. Schon ein klein wenig dämlich...

Das Gespräch mit meiner FÄ/Onkologin hat mich sehr aufgebaut. Mit ihr zu sprechen weckt immer meine Lebensgeister.

Heute war dann die 5. Chemo. Nur Chemo, nichts anderes. Und was ist passiert? Ich hab das ganze Prozedere verschlafen. Als die diensthabende Ärztin vorbei schaute, war ich kaum wach zu bekommen. Ich habe keine Ahnung mehr, worüber wir sprachen. Vielleicht sollte ich alle Gespräche aufnehmen?

Ich habe richtig Heißhunger auf Chicken Wings. Nach Tagen ohne Appetit ist das schon ein kleines Wunder. Hoffentlich ist meine Tochter bald zu Hause....

Freitag, 3. April 2015

Ein neuer Erdenbürger

hat heute das Licht der Welt erblickt. Mein Bruder ist zum ersten Mal Vater geworden und hat einen Sohn bekommen. Hach, er klang so stolz am Telefon! Und ich bin ganz gerührt, dass er mich so schnell angerufen hat. Um halb elf wurde der Kleine per Notkaiserschnitt (die Herztöne waren schlecht) entbunden und kurz nach elf hatte ich den stolzen und gerührten Vater am Telefon.

Und noch mal zehn Minuten später habe ich dann die ersten Bilder meines Neffens auf meinem Handy. Morgen werde ich dann erst mal eine Kleinigkeit besorgen. Ich freue mich einfach so sehr. Geburten sind immer schöne Nachrichten.

Donnerstag, 2. April 2015

Von Chemorittern und Antikörpern

Chemoritter. Ich hoffe, dies ist kein geschützter Begriff. Irgendwann am Anfang der Krankheit, als ich wieder mal nicht in den Schlaf fand, habe ich auf einem anderen Blog, den ich nicht wiederfinde (sehr ärgerlich!) von den Chemorittern gelesen.

Ich bin ein Mensch, der viel mit Bildern macht. Ich beschreibe Gefühle, Musik.... alles eigentlich mit Bildern. Und so auch bei meinen Infusionen.

Wenn meine Chemoritter aktiv werden, dann stockt mir meist kurz der Atem und alles riecht und schmeckt nach Metall. Das ist das sichere Zeichen dafür, dass die riesige Armee sich auf den Weg macht. Meine Chemoritter sind keine Helden in glänzenden Rüstungen. Es sind dunkle Ritter, Ritter ohne Rücksicht. Sie sind groß und stark. Sie kämpfen, bis niemand mehr auf dem Feld ist, gegen den man kämpfen kann. Meine Armee der Chemoritter sieht bedrohlich aus. Ein bisschen wie die Armeen in Game of thrones. Ja, in der Armee gibt es Riesenarschlöcher, die nur zum Kämpfen geboren wurden und keinen anderen Lebensinhalt kennen. Das ist gut so! Sie sollen gegen jede noch so kleine Metastase kämpfen und keine Gnade kennen!

Dann kamen heute die Antikörper dazu. Die Antikörper sind bedrohliche Monster. Sie stürzen sich auf  die Krebszellen und besetzen sie. Die Krebszelle kann sich nicht mehr teilen. Sie kann keine Nahrung mehr aufnehmen. Sie verhungert! YEAH! Und weil sie verhungern, verschrumpeln sie und werden klein. Dann können sie keinen Schaden mehr verursachen. Hoffentlich erwischen die Antikörpermonster jede Krebszelle in meinem Körper!

Ich habe beschlossen, dass ich nicht mehr länger den ganzen Tag im Bett verbringen kann, weil ich sonst wohl mein Leben lang dort bleiben werde. Leider muss ich wieder fest stellen, dass mein Sofa echt nicht für mich geeignet ist. Meine Mutter wird heute im Sozialkaufhaus schauen, ob es dort so einen Opa-Fernseh-Sessel gibt, der für mich momentan eben besser wäre. Ich brauche einen Sessel, an dem ich Kopf- und Fußteil verstellen kann, da ich eben nicht durchgängig aufrecht sitzen kann. Mein Rücken macht das nicht mit.
Ich bin mir sicher, es findet sich bald eine Lösung.

Liebe Grüße an alle da draußen! Passt auf euch und eure Lieben auf.

Donnerstag, 26. März 2015

Durchhalten

Seit Sonntag ging es mir immer schlechter. Durchfall, Übelkeit, zwischendurch auch tatsächlich einmal erbrochen (es gibt für mich nichts schlimmeres!), trockene Schleimhäute, eine Erkältung mit Halsschmerzen und immer noch kein Bedarf zu essen. Bis heute morgen dachte ich oft, dass ich das nicht durchhalte.
Ich habe noch mehr abgenommen und die Frau, die mir aus dem Spiegel entgegen schaut, hat kaum Ähnlichkeit mit mir. Meine Haut fühlt sich seltsam an. Trotz eincremen. Sie sieht auch seltsam aus. Ich habe heute gefragt, ob ich Gelbsucht habe, aber die Ärztin meint, meine Leberwerte wären in Ordnung.
Meine Haare, die sich bisher an die Kopfhaut geklammert haben, lassen langsam nach. Heute morgen hatte ich mehr Haare als gewöhnlich in der Bürste. Naja, das war zu erwarten.

Chemo und Bisphosphonat


Heute morgen habe ich mich aus dem Bett gequält. Ich hatte so was von gar keine Lust. Aber: Watt mutt, datt mutt.

Die Portnadel stechen war dann wieder recht unangenehm. Im Chemo-Raum habe ich dann einen der Sessel am Fenster gewählt, bei dem ich Fuß- und Kopfteil verstellen kann. Was soll ich sagen, ich habe wieder mal den Großteil der Behandlung verschlafen, danach aber fühlte ich mich wieder richtig gut. Einen kleinen Zwischenfall gab es. Ob es bei der Chemo oder dem Bispho war, kann ich gerade gar nicht mehr rekonstruieren. Plötzlich fiel mir das Atmen schwer, als würde ein Elefant auf meiner Brust sitzen und mir wurde sehr, sehr heiß. Das dauerte aber nur wenige Momente an. Dann ging es mir wieder gut und ich schlief weiter.

Zu Hause angekommen habe ich erst mal alle Genesungs- und "Du-packst-das!"-Karten an die Wand gebracht. Jetzt sehe ich diese Karten wieder. Seit der Entlassung aus dem Krankenhaus hatten sie ihr Dasein in einer Tüte gefristet. 

Ich habe eine ganze Milchschnitte gegessen! Gestern war nach drei, vier Teelöffeln Pudding Schluss und heute dann die ganze Milchschnitte. Vielleicht wird es ja jetzt wieder besser mit dem Essen. Ich hoffe es so sehr. 

Nächste Woche darf meine Kleine mit kommen zur Chemo, wenn sie nicht erkältet ist, darf sich alles ansehen und die Schwester alles fragen. Finde ich gut.

Donnerstag, 19. März 2015

Zur Abwechslung ein paar Bilder



 Dies ist ein Anhänger, den eine Schmuckdesignerin als Unikat hergestellt hat und mir schenkte, damit er mich auf diesem schweren Weg begleitet. Die Wurzeln des Baumes sollen mir Wurzeln geben im hier und jetzt. Ich finde den Baum als Symbol für das Leben wunderbar. Und natürlich hat er mich gleich heute zur zweiten Chemo begleitet.
Die fand in diesem Raum statt. Mein Rollator samt Rückenorthese haben sich ein wenig in den Vordergrund gedrängt, was mir jetzt erst auffällt. Nächste Woche werde in einen anderen Stuhl wählen, denn der heute ließ sich nicht in Liegeposition bringen, was mich nach einer Stunde dann doch störte.
Ich kam heute morgen dort an und war nach einer fast schlaflosen Nacht wirklich am Ende meiner Kräfte. Essen klappte ja auch immer noch nicht. Als ich mein Gewicht sagte, fing ich schon an zu heulen, weil mir klar ist, dass es nicht gerade prickelnd ist so viel in so kurzer Zeit abzunehmen. (Es sind seit Jahresbeginn 20kg, 15 kg seit der Diagnose)
Aber heute passierte auch etwas völlig faszinierendes. Die Chemo lief und je länger sie lief, desto wacher wurde ich und desto besser fühlte ich mich. Das ging mir auch so im Auto, war die Fahrt am Morgen noch eine Qual so war die Fahrt nach Hause einfach nur angenehm. Auch zu Hause hielt dieses gute Gefühl an. Bis jetzt sogar. Im Moment glaube ich, die Fahrt zu meiner Frauenärztin, sie hat eine Praxis hier in der Stadt, sogar mit dem Bus meistern zu können. Vielleicht kann ich auch noch ein paar Erledigungen machen. Natürlich werde ich auf mich aufpassen und mich nicht übernehmen. Merke ich, dass es mir doch zu viel wird, wird das Smartphone gezückt und ein Taxi gerufen.

So sehe ich im Moment aus, wenn ich "unterwegs" bin. Das Bild stammt von Sonntag, als ich plötzlich Hunger hatte und mir dann kurz nach Entstehung des Bildes eine Portion Pommes mit Curry Wurst geholt habe, eine halbe Currywurst und eine viertel Portion Pommes aß. Die Haare sind wirr wie eh und je. Ich trage meine Rückenorthese und natürlich schiebe ich bei jedem Schritt meinen Rollator vor mir her.
Die Hose die ich da trage ist übrigens nur noch XXL. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass ich normalerweise zwei X mehr habe.




Mittwoch, 18. März 2015

Werbeopfer....

Als ich im Krankenhaus lag, schaute ich ja doch etwas mehr fern als ich es zu Hause normalerweise mache. Und da kam dann in der Werbung eben auch Werbung für Fahrenhaidt ~ the book of nature.
Die Musik berührte mich. Sie war so voll und weit, als könnte man sich hinein legen und wird dann getragen. Klingt ganz schön kitschig? Ist aber exakt das, was ich dabei empfand.
Ich hatte dann einen Ohrwurm und suchte bei youtube nach weiterer Music dieser Gruppe und was ich hörte gefiel mir dann auch.
Schließlich kam dann Freitag der 13. und eine Werbemail eines bekannten Buchclubs. Und da wurde genau diese CD zu einem Sonderpreis angeboten. Also habe ich zugeschlagen und sie bestellt. Heute ist sie dann angekommen.

Es ist keine Musik zum Immerhören. Aber eine Musik zum bewusst hören und entspannen. Genau das richtige für mich.

Und wenn ich schon etwas bestelle, dann natürlich nicht nur ein Teil. Gegönnt habe ich mir auch von Faun das Album Luna und das Hörbuch Gute Geister. Aber da habe ich noch gar nicht rein gehört. Das werde ich dann in den nächsten Tagen machen.

Dienstag, 17. März 2015

Entscheidung

Heute habe ich eine Entscheidung getroffen. Ich ganz alleine in Bezug auf meine Behandlung.
Ich lasse mich vorerst nicht bestrahlen.

In den letzten Tagen wurde der Schmerz immer weniger, bis er vor zwei Tagen endlich gebannt wurde. Keine Schmerzen zu haben ist so wunderbar!
Gleichzeitig werde ich aber jeden Tag schwächer. Ich habe schon wieder abgenommen. Ich kann mich nicht lange aufrecht halten, ich schlafe oft von einer Sekunde auf die Andere ein und bin dann wirklich weg. Im Tiefschlaf.
Ich habe meine Kinder so sehr vermisst und ich konnte immer weniger essen. Selbst das Trinken fiel mir jetzt schon schwer. Ich konnte auf einen Fall länger im Krankenhaus bleiben.

Heute war das zweite Gespräch mit dem Strahlentherapeut. Er wies, wie er es ja nun mal muss, auf das Risiko hin, dass durch die Bestrahlungen Schwellungen auftreten können, die neue Schmerzen verursachen. An dem Punkt war es bei mir schon vorbei. Ich will keine Schmerzen! Ich ertrag das im Moment nicht! Ja, ich hab wieder geheult. Aus Überforderung. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht will. Das ich zu viel Angst habe. Ich pack das jetzt nicht.

Er hat es nickend angenommen. Wir haben uns so weit geeinigt, dass ich mich dann bestrahlen lasse, wenn wieder Schmerzen auftreten. Das kann dann auch kurzfristig los gehen.

Ich weiß nicht, ob diese Entscheidung richtig oder falsch ist. Gibt es in dieser Situation überhaupt ein richtig oder falsch? Niemand kann voraus sagen, wie sich der Krebs entwickelt. Ich hoffe jetzt das Beste. Ich bin froh zu Hause zu sein und ich habe vor, die Zeit hier zu genießen und wieder zu etwas Kraft zu kommen. Kraft brauche ich.

Donnerstag ist die nächste Chemo. Hoffentlich verkrafte ich sie so gut wie die Erste.

Das Schönste heute: Meine Kinder in den Arm nehmen zu können. Ich liebe diese beiden Mädchen so unfassbar. Ich will sie nicht alleine lassen. Ich will sehen, wie sie erwachsen werden, ihr Leben leben, ein Teil davon sein.

Samstag, 14. März 2015

Verschlafen

Nach dem Mittag wollte ich mich ein wenig hinlegen. Habe Musik angemacht, die Kopfhörer aufgesetzt und bin bald eingeschlafen.

Tja... und dann war es plötzlich halb sechs. Ich habe den ganzen Nachmittag einfach verschlafen. Und ich fühle mich damit überhaupt nicht wohl! Ich mag das nicht. Seit dem ich wach bin, bin ich irgendwie jaulig. Nichts passt mir und mein Zeitgefühl ist auch noch dahin. Ich schmolle mal wieder mit mir selber.

Eigentlich hatte ich nämlich einen Plan für den Nachmittag: noch mal spazieren gehen, ein schönes Stück Kuchen kaufen und genüsslich essen, vielleicht einen heißen Kakao dazu. Das wurde nun nichts. Klar, ich könnte es morgen auch so machen. Aber ich wollte doch heute!

Jaaaaaa, es ist kindisch. Und ich weiß das.

Heute Morgen habe ich es aber immerhin geschafft, alles was ich so an Papierkram bekommen habe, abzuheften und somit habe ich auch wieder etwas Ordnung geschaffen. Und die ersten 23 Tage Krankenhaus habe ich auch bezahlt. 230€ überwiesen. Das tut schon weh.

Bald muss ich mich um das Krankengeld kümmern. Ich werde Montag schon mal bei der Krankenkasse anrufen.... Und dann muss ich alles neu berechnen und schauen, wie wir über die Runde kommen. Als würde die Krankheit nicht reichen, kommen auch noch finanzielle Sorgen auf mich zu... Es ist Scheiße!

Freitag, 13. März 2015

Dieser Moment...

Es ist mitten in der Nacht und ich werde halbwach, weil ich das dringende Bedürfnis habe die Toilette aufzusuchen. Statt nun aber direkt aufzustehen, liege ich da und starre an die Decke und erwäge, ob ich wirklich aufsehen kann. Ich sagte dann leise "ich muss mal.." Mein Kopfkino zeigte Dr. Sheldon Cooper, der kläglich im Bett liegt und ja nicht aufstehen kann, weil seine Toilettenzeit noch nicht angefangen hat.
Und kurz danach eine Szene von einem Raumschiff, in dem viele Menschen gefangen sind, die eben nur mit Erlaubnis der "höheren Macht" aufstehen dürfen. Zum Glück fiel mir irgendwann ein, dass beide Situationen für mich ja nicht gelten und ich aufstehen kann, solange die Schmerzen nicht zu groß sind. Ich bin dann auch aufgestanden, die Schmerzen waren nicht hoch und als ich dann auf Klo saß musste ich lachen. Länger hätten mich meine Kopfkinobilder nicht zurückhalten dürfen, das wäre sonst peinlich geworden.
Ich sagte es ja schon öfter, mein Hirn ist derzeit echt... krass.

Donnerstag, 12. März 2015

Erste Chemo

Nach einer nicht so tollen Nacht, schlechte Träume und Schmerzen, war es nun also so weit. Die erste Chemo stand an. Ich war seit dem Aufwachen in einer weinerlichen Stimmung und habe mehrmals sehr geweint, vor allem, als ich wieder mal nicht aus dem Bett kam und bei der Körperpflege Unterstützung brauchte. Bei letzterem spielt auch Scham wieder eine große Rolle. Ich fühle mich mehr und mehr wie ein Pflegefall. Vor dem Waschen hatte ich ein Becher mit Wasser in der Hand und bin damit eingeschlafen. Als das Wasser sich an meinem Hals entlang verteilte, war das auch nicht gerade angenehm...

Als ich abgeholt wurde zur Chemo schlief ich gerade und schreckte hoch, als der Stecker vom Bett gezogen wurde. Ganz schlecht, denn schon war der Schmerz wieder da.
In der Station, in der die Chemo statt findet, kam ich in ein Zimmer, bekam eine Reihe von Infusionen, dann noch einige Spritzen mit Wirkstoffen in die Vene, alles über den Port. Aber zum Fragen, was genau das alles ist, fehlte mir die Kraft. Ich schlief immer wieder ein. Ich kann nicht mal sagen, wie lange ich da unten war. Eine Stunde, vielleicht auch zwei... Außer Müdigkeit, die ich schon seit Tagen empfinde, merke ich bisher nichts. Zu Anfang der Infusion dachte ich noch, mir würde übel werden, aber das passierte dann doch nicht.

Heute Mittag gab es Hähnchenschenkel. Mag ich eigentlich total gerne und ich hatte mir vorgenommen, eben wenigstens Hähnchenfleisch zu essen. Leider war das Fleisch so trocken, dass ich mich bei jedem Bissen festkaute. Also aß ich am Ende mal wieder nichts vom Mittag. Morgen gibt es Steckrübenmus und übermorgen Lauch-Creme-Suppe. Vielleicht klappt es dann mit dem Essen....Sonst bestelle ich mir wirklich mal eine Kleinigkeit von der Pizzeria oder so. Vielleicht esse ich dann mehr.

Ach, über eine mögliche Nebenwirkung der Chemo wäre ich nicht unglücklich: Ausbleiben der Monatsblutung. Denn genau die hat heute mal wieder eingesetzt und ich habe wenig Lust drauf, zumal ich jedes mal das Gefühl habe, zu verbluten.

Meine Kleine möchte mich wieder nicht besuchen. Ich kann sie verstehen, aber traurig macht es mich doch. Ich bat sie nun darum, sich in der Heimatstadt mal nach 100% Baumwolltüchern umzusehen, die ich als Kopftuch benutzen könnte. Die Fachschwester (ich kann mir den englischen Begriff irgendwie nie merken....) sagte, dass es wahrscheinlich ist, dass ich zumindest mein Kopfhaar verlieren werde. Wie ich es handhabe, wenn auch die Brauen ausfallen, weiß ich noch nicht. Aufmalen? Sicher verschmiere ich das genauso wie jede andere Schminke. Aber mein Gesicht ohne Brauen und Wimpern kann ich mir noch gar nicht vorstellen.
Ich werde mir außerdem eine riesige Sonnenbrille kaufen, ich denke, dass sieht mit einem schönen Kopftuch ziemlich mondän aus.

Ich habe den Eindruck, dass eine Ärztin ungeduldig mit mir wird. Mehrmals sollte ich den Schmerz lokal eingrenzen. aber wenn sie drückt ist da eben kein Schmerz. Der sitzt tiefer als ihr Druck und ist eben vor allem in der Aufsitzbewegung und im Sitzen schlimm. Im Liegen ja nur, wenn Krämpfe dazu kommen. Es tut mir Leid, dass ich diesen Schmerz nicht besser beschreiben kann. [trauriges seufzen] Ich frag mich ja auch schon, ob ich übertreibe, aber wenn ich aufstehen will, dann ist der Schmerz so heftig... Nein, ich bilde mir nichts ein und ich übertreibe auch nicht.

Mittwoch, 11. März 2015

Wieder drin

im Krankenhaus.

Plötzlich heftige Schmerzen in den linken Rippen, so richtig mit Schweißausbruch und nicht in der Lage sein aufzustehen. Das hat mir Angst gemacht, meine Kinder erschrocken und ich glaube für meine Mutter ein weiterer Beleg dafür, dass ich ein Pflegefall sein werde. Letzteres macht mir selber Angst und ich versuche weiter mich daran zu klammern, dass so eine Pflegebedürftigkeit auch vorübergehend sein kann, in meinem Fall vielleicht bis die Behandlung anschlägt.

Auf jeden Fall wurde ich von meinem Hausarzt wieder ins Krankenhaus eingewiesen und als wir hier waren, dauerte es natürlich ewig, bis sich jemand kümmerte. Merke: Nur wer mit dem Rettungswagen angeliefert wird, wird wirklich ernst genommen. Auch irgendwie verständlich.
Gegen Mittag bekam ich immerhin ein Bett, weil ich drohte im Sitzen ohnmächtig zu werden. Es war sooo schön sich ins Bett fallen lassen zu können, man glaubt es kaum.

Ein paar Stunden später kam ich wieder auf Station und noch etwas später zum röntgen. Und seit dem warte ich darauf, zu erfahren, was die Bilder ergeben haben. Das bringt echt kein Spaß.
Seit dem Röntgen sind auch die altbekannten und längst hinter mir gelassenen Krämpfe im Rücken wieder da. Aufsitzen= Krampf, etwas im Bett bewegen= Krampf, einen Schreck bekommen= Krampf

Und ich erschrecke mich derzeit oft, denn mein Kopfkino produziert unablässig kruse Bilder, teilweise Bilder, die mich in Panik versetzen. Dann kommt ein Krampf und wenn es ganz schlimm ist, bekomme ich erst mal keine Luft. Was zu noch mehr Panik führt und zu noch mehr Krampf.

Die vergangene Nacht aber auch der Tag bis jetzt war schlimm. Und Schmerzmittel habe ich heute schon einige Male nachgefordert, genauso wie letzte Nacht.

Vorhin war die Ärztin hier, deren Name ein wenig nach Elfe klingt, und sprach von Bestrahlung. Das klingt, als würde mein ganzer Behandlungsplan nun umgeworfen werden. Mir egal, Hauptsache die Schmerzen werden bald so erträglich, dass ich mich auch mit ihnen bewegen kann.

Heute morgen habe ich ein halbes halbes Brötchen gegessen. Also von der Unterhälfte die Hälfte. Die Himbeermarmelade war irgendwie muffig. Das Mittagessen habe ich verschlafen. Aber wenigstens trinke ich wieder ausreichend, das habe ich die letzten zwei Tage zu Hause nicht geschafft, so dass ich gestern morgen meine Haut auf der Hand zusammen schieben konnte und sie eine Weile so blieb. Nicht ausreichend trinken plus Schweißausbrüche ist eine sehr ungesunde Mischung...

Sonntag, 8. März 2015

Frühling!

Mir ist nach Veränderung. Und da ich derzeit nicht meine Wohnung au den Kopf stellen kann, muss mein Blog halt herhalten.

Ich wollte hellere Farben, kein Grau und Lila mehr. So ganz zufrieden bin ich aber auch jetzt noch nicht, denn wieder mal bekomme ich die Schriftart nicht so hin, wie ich sie haben will.

Draußen scheint die Sonne und dies schon seit einigen Stunden. Als ich heute morgen um 6 Uhr meine Tabletten nahm, war der Spalt zwischen Rollo und Fenster schon recht hell, heller als in den letzten Tagen. Ich mag den Frühling. Die Luft ist so mild, die Sonne zwar warm aber noch nicht zu warm. Bald werden die Bäume wieder grün und die Blumen blühen. Zumindest bei anderen. Bei mir eher nicht. Ich hab keinen grünen Daumen. Jeden Winter nehme ich mir vor im kommenden Frühling meinen Balkon in einen Duft- und Farb"garten" zu verwandeln, aber es wird nie was. Für dieses Jahr habe ich mir deshalb auch nur die Anschaffung einer bequemen Liege vorgenommen. Das werde ich wohl noch hin bekommen.

Ich rede mir gerade ein, dass ich bei diesem Wetter an den Deich gehen würde, wenn ich denn könnte. Aber es ist gelogen. Ich würde nicht an den Deich gehen, denn dort sind heute Familien und Pärchen unterwegs. Kein Anblick, den ich gebrauchen kann.
Gerade habe ich auch meinen Vater gebeten, heute nicht herzukommen. Ich will niemanden sehen. Ich will nicht so gesehen werden. Ich bin so schwach.

Dienstag muss ich zur Blutabnahme. Danach Passbilder machen lassen. Zum Glück ist meine Freundin an meiner Seite. Ich bin so froh, dass es sie gibt. Hat selber mehr als genug an den Hacken, ist aber trotzdem jetzt für mich da.
Auch meine Forenmädels und meine Skypefreundin sind unverzichtbar für mich. Sie baen mich auf, halten virtuell Händchen und geben auch mal einen Tritt.

Ich wünschte, ich würde aufwachen und alles wäre nur ein böser Traum. Ich will nicht krank sein. Ich hasse es so schwach zu sein. Vieles, was ich seit der Diagnose erlebt habe, fühlt sich würdelos an und bei vielem ist die Scham so groß, dass ich weder darüber reden noch schreiben kann. Am schlimmsten aber sind die Gedanken in der Nacht. Keine Zukunft mehr zu haben.

Natürlich weiß ich, dass es eine Illusion ist, wenn man davon ausgeht, eine lange Zukunft zu haben, denn es kann morgen passieren, dass man aus dem Haus geht und überfahren wird. Die Risiken im Straßenverkehr sind schließlich ganz real. Aber mit dieser Krankheit, mit den Metastasen, wird der Verlust der Zukunft recht real, auch wenn die Ärzte immer wieder sagen, dass die Medizin sich rasant entwickelt hat, so dass es schwer ist von Prognosen zu reden.

Auch das ist eine Veränderung. Ich muss mich mit meiner Endlichkeit auseinander setzen obwohl ich genau dies ganz weit von mir weg schieben würde. Aber es geht nicht, es holt mich immer wieder ein.

Samstag, 7. März 2015

Scham

Auf die Toilette zu gehen ist im Moment eine Herausforderung. Der Toilettendeckel muss angehoben werden. Ich muss meine Hose herab lassen und wieder hoch ziehen. Ich schätze mal, dass sich über diese einfachen Handgriffe kaum jemand Gedanken macht. Für mich sind es Herausforderungen, an denen ich auch noch regelmäßig scheitere.



Natürlich bekommen meine Kinder diese Schwäche mit. Und ich schäme mich für diese Schwäche und alles was ich aus der Schwäche heraus meinen Kindern zumuten muss.

Seit 24 Tagen weiß ich nun vom Krebs. Und genauso lange schäme ich mich für meine Schwäche. Jeden Abend denke ich: Morgen wird es besser. Aber leider wird es das nur selten.

Montag, 2. März 2015

Vorbereitungen

Da ich am Mittwoch ja nach Hause darf, muss ich mich damit befassen, wie ich meine Wohnung überhaupt erreiche. Ich wohne im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses und es gibt keinen Fahrstuhl. Also ist Treppensteigen angesagt. Das habe ich heute mit der Krankengymnastin geübt.

Ich bin völlig kaputt. Hoch steigen ist wirklich anstrengend und, trotz Hydromorphon vor knapp vier Stunden, schmerzhaft. Verdammt! Jetzt liege ich wieder erschöpft im Bett.

Vor meinem Treppenexperiment habe ich mit meiner Krankenkasse telefoniert. Für die Fahrtkosten brauche ich vorher eine Verordnung, die ich bei der KV einreiche und dann muss ich nur für die erste und letzte Fahrt den Eigenanteil bezahlen.  Nun muss ich klären, dass ich die Verordnung bekomme und dann gleich bei der KV einreiche. Aber es entscheidet sich ja erst morgen, wie ich behandelt werde. Also kann ich auch erst dann diese Verordnung bekommen.

Beim selben Gespräch habe ich die Lage meiner Wohnung erläutert und auch meine gesundheitliche Situation dargestellt. Ich kann mich derzeit nur mit Rollator fortbewegen und zwar innerhalb der Wohnung (hier brauche ich ihn ja sogar innerhalb des Zimmers) wie auch außerhalb. Allerdings kann ich so ein Teil wohl kaum die Treppen hoch und runter tragen und nicht immer ist jemand da, der mir helfen kann. Die Mitarbeiterin sagte dann, dass die Ärzte einen zweiten Rollator verschreiben könnten und dies dann entsprechend begründen müssten. Ich hoffe, es klappt wirklich.

Ich will nach Hause. Habe aber auch große Bedenken, wegen der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit und den immer noch zum Teil der heftigen Schmerzen. Dazu kommt, dass in meiner Wohnung vieles nicht optimal ist.

Innerhalb weniger Wochen ist alles anders.... Ich kämpfe.

Sonntag, 1. März 2015

Wut

Ich bin soooo wütend! Immer wieder habe ich den Impuls etwas an die Wand werfen zu wollen. Immer wieder stelle ich mir vor, wie ich diese Wut in ein Bild umsetze. Wie ich den Pinsel kraftvoll führe, aggressives rot auf die Leinwand bringe. Ich wünsche mir eine Trommel, alle Wut möchte ich raushauen. Und was mache ich wirklich? Ich liege im Bett und bin manchmal wie gelähmt. Nicht mal heulen kann ich dann.

Ich habe mich mit der Krankheit auseinander gesetzt. Die Lebenserwartung sieht erst mal nicht so rosig aus, wobei überall dabei steht, dass es eine historische Betrachtung ist und man noch keine Werte hat, wie es mit den heute zur Verfügung stehenden Therapien aussieht. Klar klammere ich mich daran, dennoch werde ich den Gedanken nicht los, dass in einigen Monaten alles vorbei sein könnte.

Ich brauche eine Patientenverfügung. Ich werde mich damit auseinander setzen müssen, wie weit ich zu gehen bereit bin. Und dabei muss ich auf mich schauen, nicht auf meine Kinder, nicht auf meine Mutter. Nur auf mich. Was will ich? Was halte ich aus? Welchen Preis bin ich zu zahlen bereit?

Ich erwäge meine Rentenversicherung zu kündigen und das Geld für eine Beerdigung anzulegen. Dann brauchen sich weder meine Kinder noch meine Eltern darüber Gedanken machen.

Ich will mich mit dem ganzen Scheiß nicht beschäftigen müssen! Ich will vor mich hin summend im Sonnenlicht über eine Blumenwiese schlendern, dabei Schmetterlinge, Vögel und anderes Getier beobachten und nicht daran denken, dass sich in meinem Körper Zellen eingenistet haben, die da nicht hingehören. Ich habe diesen Zellen nicht erlaubt Untermieter zu werden!

Wenn die Therapie gut anschlägt und sich meine Lebensaussichten verbessern, werde ich mich damit beschäftigen müssen, eine andere Wohnung zu mieten. Ich wohne jetzt im ersten Stock und es gibt natürlich keinen Fahrstuhl. Ich werde eine EG-Wohnung brauchen und selbst da wird es einige Stufen zu überwinden geben. Und wie wuppe ich den Umzug? Scheiße! Ich werde auf Hilfe angewiesen sein. Mein ganzes restliches Leben.... Ich hasse es! Ich habe so viel dafür getan alleine klar zu kommen und nun.... FUCK!!!!!!!!!!! Dieser verfluchte scheiß Krebs macht einfach mein Leben kaputt. Von einem Tag auf den anderen ist nichts mehr, wie es sein sollte. Nichts mehr, wie ich es mir wünsche. Ich muss mich von so vielem Verabschieden.

Ich will die ganze Zeit fluchen. Laut schreien. Gegen Dinge treten und schlagen. Aber ich kann es nicht. Ich bin ruhig. Manchmal weine ich ein wenig. Manchmal schlage ich meine Faust aufs Bett. Manchmal tu ich mir selber weh um nicht wahnsinnig zu werden. Nicht schlimm bisher, ich kratze mir meine Füße auf, wie früher schon, ich presse meinen Fingernagel in die Haut bis es wirklich weh tut. Im Moment fühle ich mich gefangen in meinen schwachen Körper und ich hasse dieses Gefühl.

Mir ist klar, dass es gesünder wäre, die Wut raus zu lassen, aber ich kann einfach nicht. Hinter der Wut steckt nämlich eine ganze Menge Angst und die wird mich überwältigen, wenn ich die Wut zulasse und rauslasse. Und was passiert dann, wenn die Angst mich fest im Griff hat?  Ich befürchte, dann gebe ich auf und gehe unter. Ich darf aber nicht aufgeben! Meine supertollen, lieben, tapferen Mädchen brauchen mich doch. Lieber eine kranke Mutter als keine. Schlimm genug, dass der Vater sich nicht kümmert. Er sagt, er kann sich nicht kümmern, weil er so krank ist. Vielleicht stimmt das, aber ich bin trotzdem auf ihn wütend.

Es ist so scheiße alles. Diese verdammte Krankheit.

Ich neige sonst dazu selbst das kleinste Licht in der tiefsten Dunkelheit zu entdecken.  Auch mit dieser Krankheit. Aber jetzt, in diesem Moment, bin ich einfach nur wütend, dass es mich trifft, dass mein Lebensplan zerstört  und sich mein Leben und das meiner Mädchen grundlegend ändern wird.


Freitag, 27. Februar 2015

Krebs

Das bekommen doch immer nur die Anderen und vor allem alte Leute! Ganz schön blauäugig.

Ich habe Brustkrebs. Und dieses kleine Ungeheuer hat auch noch Freunde mitgebracht, die es sich u.a. in meinem Skelett, vor allem in der Wirbelsäule, gemütlich gemacht haben. Was für eine Scheißdiagnose! Und was für unglaubliche Schmerzen!

Ja, ich bin wütend. Auf mich, auf die Welt, auf den Krebs. Ich frage nicht nach dem Warum. Der Krebs macht keine Unterschiede zwischen arm und reich, alt und jung, Mann und Frau (ok, der Brustkrebs schon, der befällt Frauen einfach öfter, dafür haben wir keine Prostata).

Ich bin sauer, weil es gerade alles gut lief. Toller Job, mit den Kindern keine ernsthaften Probleme, Pläne mit meinem Besten für dieses Jahr, Forentreffen, Mittelaltermärkte.... Und nun liege ich im Krankenhaus, habe schon eine OP hinter mir und warte auf eine wirksame Schmerztherapie und die Ansage, wie weiter gegen den Krebs gekämpft wird.

Heilung gibt es in meinem Fall nicht, oder so selten, dass es fast ein Wunder ist. Auf Heilung hoffe ich also gar nicht erst. Aber ich will verdammt noch mal leben!  Ich will leben, arbeiten und noch etwas mehr sehen als Dithmarschen. Ich will sehen, wie meine Töchter erwachsen werden, will erleben, dass sie sich verlieben, vielleicht sogar Oma werden. Ich bin mit 35 Jahren schlicht viel zu jung zum Sterben.

Fortbewegen kann ich mich kaum und wenn, dann gestützt auf einen Rollator. Das sieht aus. Ich weiß jetzt schon, welche Kommentare wohl kommen werden, wenn ich irgendwann wieder aus diesem Zimmer raus komme: Schaut euch mal die Fette an, hat so viel gefressen, dass sie nicht mal mehr alleine laufen kann. Es ist zum Kotzen. Ich war schon am Überlegen mir ein Schild zu basteln: Der Krebs hat meine Knochen zerfressen.... aber das würde nichts bringen. Dann hab ich halt Krebs, weil ich so fett bin.

Zwischendurch gibt es Momente, in denen ich mich frage, wozu das alles? Die Untersuchungen waren nicht immer schön. Im MRT hatte ich echt schiss stecken zu bleiben. Beim CT habe ich das Kontrastmittel fast erbrochen, als ich in der Nuklearmedizin zur Knochenuntersuchung war, habe ich vor Rückenschmerzen geheult und die Mammographie war auch hart, weil ich dazu stehen musste. Die Stanzbiopsie dagegen war halb so schlimm. Nach der OP, in der mein Krebs aus der Brust geschnitten wurde, habe ich heftig erbrochen. Ich hasse es mich zu erbrechen. Seit dem kann ich auch kaum etwas essen.

Gestern habe ich die Seelsorge und eine Psychologin gebraucht um wieder halbwegs klar zu kommen. Dann folgte eine Nacht mit solchen Schmerzen, dass ich wieder mal an allem zweifelte, auch daran, den Scheiß hier zu überleben.

Die Ärzte sind vorsichtig optimistisch. Sie sagen, dass es keine Heilung gibt. Sie sagen aber auch, dass man mit der Krankheit fast normal leben kann. Keiner sprach davon, dass ich davon ausgehen muss, dass sich mein Leben dem Ende zuneigt. Und von der Fachschwester weiß ich inzwischen, dass hier keine Hoffnungen gemacht werden, wenn es keine gibt.

Wenn die Therapien vorbei sind, wenn fest steht, dass ich vorerst stärker als das Krustentier bin, lasse ich mich tätowieren: Einen Drachen, der mit seinem Feuer einen Krebs grillt. Galgenhumor? Sicher, aber ohne geht es nicht.

Jetzt, wo die Diagnose steht, gibt es viele Hinweise, die ich früher schon zum Anlass hätte nehmen sollen mich mit Krebs auseinander zu setzen. Aber ich habe alles weit von mir geschoben. Das bereue ich nun, nur bringt das auch nichts.