Wo bist du gelandet?

Bisher ging es hier darum, aus meinem durchaus chaotischem Leben mit zwei Teenagertöchtern, zwei Katzen und einem Kaninchen zu berichten. Es ging auch darum, dass ich gerade ins Berufsleben eingestiegen war und immer wieder versuchte, mein Essverhalten in halbwegs normale Bahnen zu lenken und quasi als Nebenwirkung mein Gewicht zu reduzieren ohne auf obskure Diätversprechungen herein zu fallen.

Doch seit dem 12.02.2015 ist da die Diagnose, die mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, Wichtigkeiten verschoben und alle Pläne über den Haufen geworfen hat. Ich habe Krebs. Genauer: Brustkrebs mit Metastasen in der Leber und in der Wirbelsäule. Gerade letzteres verursacht mir heftigste Schmerzen und beeinträchtigt meine Lebensqualität massiv. Wahrscheinlich werde ich also in Zukunft einiges genau darüber schreiben.

Sonntag, 22. Dezember 2013

Das vierte Lichtlein wird brennen....

wenn ich mich denn mal aufraffe mein warmes und kuscheliges Bett länger zu verlassen als es dauert sich eine frische Tasse Tee zu holen oder der Toilette ein Besuch abzustatten. Ich bin gerade sooo faul.
Eigentlich will ich heute auch noch meinen Baum aufstellen. Der liegt noch in seinen Einzelteilen unter meinem Bett. Ja, ich habe eine Plastiktanne. Allergien sind manchmal eben echt nervig. 
Und wenn der Baum dann steht, soll die neue LED-Lichterkette ihn beleuchten. Mal sehen ob ich das heute noch schaffe. 

Gestern Abend war ich so aufgekratzt, dass ich gar nicht schlafen konnte (wohl der Grund, warum ich jetzt einfach nicht in die Puschen komme). Am Freitag war der letzte Schultag. Und gestern kam dann DER Brief. Als ich den Absender las bekam ich ein leichtes Grummeln in der Magengegend, denn er kam von meinem Arbeitgeber und irgendwie machen mich Briefe von dort immer unruhig. Ich öffnete ihn also und schon bei der Überschrift war ich nur noch am Schreien vor Glück. (Meine Nachbarn taten mir im Nachhinein dann Leid.) Ich soll nach der Ausbildung übernommen werden!
Ok, es ist nur eine Absichtserklärung und der Haushalt muss noch genehmigt werden, aber ich hatte so viel Bammel, dass man mich wegen meiner langen Krankheit nicht würde weiter beschäftigen wollen, dass ich wirklich überrascht war und die Freude dann auch keine Grenzen kannte.
Sofort rief ich meine Mutter an, meine beste Freundin und meine Tochter. Eine Tochter war ja zu Hause und bekam meine Freude live und in Farbe mit. :-D
Natürlich musste ich es in meinem Überschwang auf Facebook posten und in meinem Stammforum bekannt geben.... Auch jetzt beim Schreiben habe ich wieder ein sehr breites Grinsen um Gesicht und es kribbelt am ganzen Körper vor Freude. 


April 2013

Der April begann mit Osterurlaub. Herrlich!
In diesen Tagen schrieb ich auch den Antrag auf alleiniges Sorgerecht für meine Töchter, weil mein Exmann für mich nicht mehr erreichbar war. Verzogen ohne mir die neue Adresse mitzuteilen und damals brauchte ich dringend eine Unterschrift von ihm für die Behandlung unserer Tochter.
Nach dem Urlaub ging es wieder in die Berufsschule. Es folgte Klausur auf Klausur und bei mir jedes mal die Angst vor einer schlechten Note. Schlecht empfinde ich schon eine 4. Bei einer 2 bin ich halbwegs zufrieden.
Meine Große schwänzte wieder und ich hangelte mich am Nervenzusammenbruch entlang. Eine harte Zeit.

Mai 2013

Termin beim Jugendamt. Zum einen wegen der Schwänzerei, zum anderen wegen des Sorgerechts. 
Mit der Schulklasse waren wir beim Sozialgericht. Das fand ich sehr interessant. Leider weiß ich bis heute nicht, wie der eine verhandelte Fall ausging. 
Es gab einige Arzttermine mit meiner Tochter, unter anderem wegen der Schwänzerei, hinter der eine Form der Schulangst vermutet wurde, beim Kinder- u. Jugendlichenpsychiater (dazu war die Unterschrift des Exmannes notwendig).
Ich kam nach dem Schulblock in die Steuerabteilung und fühlte mich dort schnell wohl. Außerdem waren die Aufgaben interessant und endlich verstand ich, was ein Lehrer seit dem 1. Blockunterricht versuchte zu vermitteln. Schon ein tolles Gefühl, wenn diese Erleuchtung endlich kommt. ;-)
Termin beim Amtsgericht. Der Exmann war nicht anwesend und meine Töchter wahnsinnig enttäuscht. Sie wollten ihn doch so gerne sehen. Ich bekam das Sorgerecht zugesprochen, denn mein Exmann versuchte nicht mal dies zu verhindern. Er durfte dann auch die Kosten tragen, denn der Richter teilte meine Auffassung, dass wir ja nur auf Grund seines Verhaltens überhaupt eine Sorgerechtentscheidung treffen mussten. 
Auf der Bildungsmesse vertraten wir Azubis unseren Arbeitgeber. Hoffentlich würdig.
Kommunalwahl in SH. Ich war wieder einmal Beisitzerin und wir hatten viel Spaß an dem Tag.

Tja, und am Tag darauf folgte mein persönlicher Tiefpunkt des Jahres.
Ich wachte auf mit dem Gefühl: "Ich kann nicht mehr..." und fing an zu heulen. Und heulte beim Anziehen, im Bad, beim Kinder wecken... ich konnte einfach nicht mehr aufhören. Ich schluchzte und wurde am ganzen Leib geschüttelt. Meine Töchter waren total erschrocken. Ich dachte, ich melde mich einen Tag krank und leg mich wieder ins Bett. Ich meldete mich auch krank, konnte aber immer noch nicht aufhören zu heulen. Langsam bekam ich Panik und so entschloss ich mich schließlich zum Arzt zu gehen.

Das Gespräch dort war hart. Er stellte mir viele Fragen und einige davon beantwortete ich wohl so, dass für ihn klar war, dass ich mich in psychologische Behandlung begeben muss. Die Frage nach dem Selbstmordgedanken erschreckte mich. Nicht, weil ich diese gehabt hatte, sondern weil ich in diesem Moment bemerkte das mein "ich kann nicht mehr" auch ein "ich will nicht mehr" war und ich in diesem Moment eine Pille, die einen schmerzlosen Tod verspricht, sofort genommen hätte.
Mein Arzt setzte mir sehr unsanft die Pistole auf die Brust. Entweder ich melde mich in der Tagesklinik an oder er weist mich wegen akuter Gefährdung in die Psychiatrie ein. Ich wählte die Tagesklinik. Aber bis ich dort einen Termin hatte, dauerte es noch einige Tage.

Juni 2013

Nun war ich also krank geschrieben und wartete auf den Termin in der Tagesklinik. Ich nahm brav das Antidepressivum, schlief wenig und wenn dann sehr schlecht, und ging mit einem sehr schlechten Gefühl hin und wieder einkaufen, wobei ich natürlich immer wieder Leute traf, die mich kennen und wissen, dass ich krank geschrieben bin. Ich vermied jedes Gespräch. Ich schämte mich, spürte aber auch, dass ich wirklich Hilfe brauchte und bei der Arbeit nichts leisten könnte. Andererseits kamen auch in den Tagen immer wieder Gefühle von "Nun stell dich mal nicht so an" und "Reiß dich mal zusammen" in mir hoch und die Sehnsucht nach Schlaf ohne Erwachen wurde größer.
Endlich der Termin in der Tagesklinik. Ich habe beim Gespräch wieder mal nur geheult. Aber ich wurde in der Tagesklink angenommen.

Ich hatte Anfang Juni den Antrag gestellt, dass meine schwänzende Tochter die Schule wechseln darf. Von der Regionalschule auf die Förderschule. Bisher wurde sie integrativ beschult. Dem Antrag wurde statt gegeben und ich freute mich für sie, denn dort würde es ihr hoffentlich besser gehen.

Ich schrieb an meinen Ausbildungsbetrieb eine recht offene Mail, mit Diagnose und ungefährer Behandlungsdauer. Es war schon ein Wagnis, aber alles andere hätte sich für mich nicht gut angefühlt. Ich bekam Verständnis und Genesungswünsche. 

Und dann begann die Zeit in der Tagesklink. 4 bis 6 Wochen waren geplant und auf meinen Wunsch hin wurden es dann doch 7 Wochen.
Es tat mir gut dort zu sein. 

Kurz nach Beginn der Therapie in der Tagesklinik gab es ein heftiges Unwetter. Hagelkörner groß wie Hühnereier zerstörten vieles. Wassermassen kamen vom Himmel und überschwemmten Straßen und Keller. Meinen auch. Bücher im Wert von einigen hundert Euro zerstört. Kommentar der Versicherung: Unsachgemäße Lagerung. Ein Regal wäre bei den Werten das Mindeste gewesen. 

In den ersten Tagen in der Tagesklinik hatte ich noch wenig Programm und konnte dort endlich mal traumlos schlafen. Ich bekam für zu Hause auch Schlafmittel mit, nahm die aber nur selten, weil ich mich mit dem Schlafmittel so fremdgesteuert fühlte und mir das Angst machte.

Ich hatte fast täglich kleinere Fressanfälle. Jedes mal wenn mir etwas nahe ging oder wir uns meinen schmerzenden Themen näherten. 


Genug Rückschau für heute. Ich will lieber in die Zukunft schauen und dort steht als nächstes Baum aufstellen und schmücken an. Ich mach mich mal an die Arbeit.

Schönen 4. Advent Euch da draußen!

Trischa

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